Brexit:EU-Staaten bleiben beim Brexit hart

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Der EU-Beauftragte für die Brexit-Gespräche, Michel Barnier. (Foto: AFP)
  • Nach dem EU-Austritt soll Großbritannien so lange alle Pflichten einer Unionsmitgliedschaft erfüllen, bis es ein endgültiges Abkommen gibt.
  • Bereits beim EU-Gipfel Ende März wollen die Staats- und Regierungschefs die Leitlinien für die Verhandlungen über die künftige Beziehung mit Großbritannien beschließen.
  • Bis dahin sollen die Bedingungen der Übergangsphase geklärt sein.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Die Europäische Union weicht in den Brexit-Verhandlungen nicht von ihrer harten Linie ab. Nach dem EU-Austritt Großbritanniens am 29. März 2019 soll das Land so lange alle Pflichten einer Unionsmitgliedschaft erfüllen, bis es ein endgültiges Abkommen zwischen der EU und London gibt. In dieser Übergangsphase soll das Vereinigte Königreich sämtliche EU-Regeln einhalten, aber nicht mehr mitbestimmen dürfen. Darauf einigten sich die 27 EU-Staaten am Montag in Brüssel; die Europaminister benötigten lediglich zwei Minuten, um die entsprechenden Verhandlungsrichtlinien zu billigen. Die Übergangsphase soll einen unkontrollierten Brexit verhindern und Bürgern sowie Unternehmen Rechts- und Planungssicherheit geben. Nach dem Willen der EU soll diese Zeit bis Ende 2020 befristet sein.

Die Unterhändler in Brüssel befürchten, dass Großbritannien die Gespräche blockiert

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Mit diesem Beschluss dürfte der Druck auf die britische Premierministerin Theresa May weiter steigen. Brexit-begeisterte Mitglieder ihrer Konservativen Partei hatten davor gewarnt, dass Großbritannien zu einem "Vasallenstaat" und einem "Befehlsempfänger der EU" verkomme. Die meisten Europaminister gaben sich davon betont unbeeindruckt. Viele verwiesen darauf, dass der Brexit die Entscheidung der Briten gewesen sei und nicht der EU. "Wenn Großbritannien die Europäische Union verlässt, wird es keine Stimme mehr am Tisch haben", sagte etwa die irische Europa-Staatssekretärin Helen McEntee. Die bulgarische Vizeregierungschefin Ekaterina Sahariewa stellte klar, dass London bei Entscheidungen des Staatenbundes kein Mitspracherecht mehr haben werde, sich aber weiter an alle Regeln der EU halten müsse - dies gelte auch für all jene, die neu beschlossen werden.

In London wächst deshalb die Sorge, dass die Europäische Union in der Übergangsphase Verträge mit Drittstaaten schließt oder EU-Gesetze verabschiedet, die zum Nachteil Großbritanniens ausfallen könnten. Brexit-Minister David Davis hatte deshalb bereits durchblicken lassen, dass seine Regierung einen Weg finden wolle, um Gesetze, die dem britischen Interesse widersprechen, nicht umsetzen zu müssen. Intern signalisiert die EU-Seite zwar einerseits Verständnis für die britischen Sorgen eines Souveränitätsverlusts; auf der anderen Seite befürchten die Verhandler in Brüssel, dass London mit diesem Argument die Gespräche blockieren könnte. "Wenn wir jetzt anfangen, uns damit zu befassen, läuft uns die Zeit weiter davon", sagte ein EU-Diplomat am Rande des Ministertreffens am Montag.

Leitlinien sollen beim EU-Gipfel beschlossen werden

Bereits beim EU-Gipfel am 22./23. März wollen die Staats- und Regierungschefs die Leitlinien für die Verhandlungen über die künftige Beziehung mit Großbritannien beschließen. Bis dahin sollen die Bedingungen der Übergangsphase geklärt sein. Die Arbeit am künftigen Verhältnis könnte dann beginnen. Allerdings wartet die EU noch immer auf ein klares Signal aus London. "Die Briten müssen endlich sagen, was sie wollen", sagte ein EU-Beamter. Am konkretesten sei bislang die Beschreibung von Brexit-Minister Davis gewesen. Dieser sprach davon, so etwas wie "Ceta +++" anzustreben, also einen Freihandelsvertrag, wie ihn die EU mit Kanada geschlossen hat - nur sehr viel umfassender.

So will die britische Regierung etwa keine Nachteile für die Finanzindustrie in Kauf nehmen. Doch den Wunsch Londons, nur von Teilen des Binnenmarkts - etwa der Kapitalmarktunion - zu profitieren, wies die EU entschieden zurück. "Die vier Freiheiten des Binnenmarktes sind unteilbar und es kann keine ,Rosinenpickerei' geben", heißt in den Richtlinien. Auch bei der Handelspolitik will die EU bis zum Ende der Übergangsphase das letzte Wort haben. Die Regierung in London darf zwar neue Freihandelsabkommen vorantreiben, aber nicht unterschreiben - außer die EU stimmt zu.

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Die Union ist in den Brexit-Verhandlungen weiter darauf bedacht, ihre Einheit zu wahren. Bislang funktionierte dies nur, da alle mehr oder weniger die gleichen Interessen verfolgen. Das könnte sich allerdings ändern, wenn es um die künftige Beziehung geht. "Da gibt es bereits jetzt verschiedene Vorstellungen", sagte ein EU-Diplomat. Auch was die Frage der Übergangszeit betrifft, gibt es Unterschiede. Ende 2020 soll offiziell Schluss sein. "Falls wir aber mehr Zeit brauchen, sind wir dafür offen", sagte etwa der italienische Europa-Staatssekretär Sandro Gozi. Das sahen nicht alle so.

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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