Bischöfe zum Missbrauch:"Ein gigantischer Karfreitag"

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Die Misshandlungen in der Kirche haben am Karfreitag die Inhalte der Predigten bestimmt. Die meisten fordern Aufklärung - nur der Regensburger Bischof Müller sieht die Kirche auf dem richtigen Weg.

In den Tagen vor Ostern haben die Missbrauchsvorwürfe die Themen der Gottesdienste bestimmt. So hat der umstrittene Bischof Gerhard Ludwig Müller in seiner Predigt am Gründonnerstag erneut indirekt die Medien kritisiert. Im Regensburger Dom, wo er mit rund 1200 Gläubigen die Messe vom letzten Abendmahl feierte, erklärte Müller, die Kirche werde immer den Weg der Nachfolge Christi gehen.

"Sie lässt sich nicht auf den breiten Weg locken, der in den Abgrund führt. Was nutzt dort der Beifall der Massen und der allmächtigen Meinungsmacher?" Er sprach von einem materialistischen, gottvergessenen Weltbild. Auf die zahlreichen Missbrauchsvorwürfe im Umfeld der Regensburger Domspatzen ging Müller in seiner Predigt nicht ein.

Zuvor hatte der Bischof mit massiver Medienschelte auf die Berichte über Missbrauchsfälle reagiert und von einer "Kampagne gegen die Kirche" gesprochen, die er sogar in die Nähe der kirchenfeindlichen Haltung der Nationalsozialisten rückte.

Der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Kardinal Karl Lehmann, verurteilte Kinderschänder: "Sie schwächen und verraten das Evangelium Jesu Christi, der gerade die Kinder in die Mitte stellte."

In seiner Predigt befasste sich der Mainzer Bischof ausführlich mit dem Thema Verrat, vor allem mit dem Verrat "im Umkreis des Glaubens". "Er kommt bei Judas auf einen ersten, aber gewiss nicht den letzten Höhepunkt", sagte Bischof Lehmann.

Es gebe Verrat aber nicht nur in der Kirche, sondern in allen Bereichen des Lebens - "von der Treulosigkeit unter Menschen bis zur Wirtschaftskriminalität". Darum sei es nicht zu weit hergeholt, wenn man die Täter schwerer Vergehen benenne. "Ich denke dabei nicht nur an diejenigen, die sich an Kindern und Jugendlichen vergangen haben, aber sie gehören dazu." Aber auch die vielen anderen, die das Evangelium verlachten und schmähten, seien "nicht weit davon".

Der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann bat die Opfer um Vergebung. Beim Kreuzweg am Karfreitag im Würzburger Kiliansdom sagte Bischof Hofmann: "Wir denken in besonderer Weise an die Opfer von sexuellem Missbrauch und körperlichen Misshandlungen, die schrecklich gelitten haben." Kindern und Jugendlichen sei in der Gemeinschaft der Kirche großes Unrecht angetan worden, sie seien an Leib und Seele verletzt worden.

Dies habe die Kirche in den vergangenen Wochen schmerzlich erkennen müssen. "Wo immer Kindern und Jugendlichen körperliche und sexuelle Gewalt widerfahren ist, deren Schutzlosigkeit sogar durch Priester und Ordensleute und andere Mitarbeiter ausgenutzt und deren Vertrauen missbraucht wurde, bitten wir vor Gott um Vergebung", sagte Hofmann .

Die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler, Vertreterin des evangelischen Landesbischofs, sagte, der unmenschliche Umgang mit Kindern und Jugendlichen sei ein "einziger gigantischer Karfreitag". Sie nannte die Misshandlungen in kirchlichen Einrichtungen "unmenschlich und unfassbar".

Der Umgang mit dieser Schuld sei mitentscheidend für die Zukunft von Kirche und Gesellschaft, sagte sie in der Münchner St. Lukaskirche. Als "pervers und verdreht" bezeichnete sie Äußerungen, dass Misshandlungen dem Täter "selbst wehgetan" oder "Schläge noch keinem geschadet" hätten. Der Karfreitag sei ein Tag der Wahrheit. Dieser ins Auge zu schauen, sei die einzige Möglichkeit, um Menschen wieder aufrichten zu können, betonte sie nach einer Mitteilung der Landeskirche.

In St. Egidien in Nürnberg sagte der evangelische Regionalbischof Stefan Ark Nitsche, Gott mache an Karfreitag klar, dass sein Herz auf der Seite der Opfer schlage. "Gott wehrt sich gegen den Missbrauch seines Namens durch Täter, egal welche Motive sie haben. Er lässt sich nicht auf die Seite der Täter schlagen."

Papst Benedikt XVI. ging in seinen Osteransprachen zunächst nicht direkt auf die Krise wegen der Missbrauchsfälle ein. Er rief die Priester im allgemeinen auf, "in der Gemeinschaft mit Jesus Christus Menschen des Friedens zu sein, der Gewalt entgegenzustehen und der größeren Macht der Liebe zu vertrauen".

© dpa/AP/ddp-bay/bavo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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