Besetzung hoher Posten in der EU:Gedrängel hinter den Kulissen

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Europäische Politiker warten gespannt: Eines der größten Personalgeschacher in der EU steht bevor, die Bewerber drängeln in vorteilhafte Positionen. So muss etwa der Posten des Nato-Generalsekretärs neu besetzt werden. Käme hier eine Frau zum Zug, wäre das ein Novum.

Von Stefan Kornelius

Erst die Wahl, dann das Personal: Weil auch für Politiker nichts spannender ist als die Spekulation über den nächsten Job, macht sich nervöse Erwartung breit. In den nächsten zwölf Monaten werden auf der internationalen Jobbörse jede Menge attraktiver Posten im Angebot sein. Wie beim Massenstart vor einem Marathon drängeln jetzt schon Aspiranten hinter den Kulissen in eine vorteilhafte Position. Die klugen Taktiker aber schweigen, weil sie wissen, dass es viel zu früh ist, seinen Namen ins Spiel zu bringen.

Das Jobangebot ist wahrlich ansehnlich. Neu zu besetzen sind der oder die Präsident/in der Europäischen Kommission, des Europäischen Rates und des Europäischen Parlaments. Außerdem wird gesucht ein/e Nachfolger/in für die scheidende Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, also der/die europäische Außenminister/in. Und schließlich muss die Nato einen Generalsekretär finden. Wenn hier eine Frau zum Zug käme, wäre das ein Novum. Alle Stellen werden von Europäern besetzt, was wiederum bedeutet: Es steht eines der großen europäischen Personalgeschacher bevor.

Einen Zeitplan für die Personalentscheidungen gibt es nicht, aber zwei wichtige Termine sind zu beachten: die Bundestagswahl in Deutschland am 22. September 2013 und die Wahl zum Europäischen Parlament am 25. Mai 2014. Schlüsselbedeutung hat die Wahl in Deutschland, denn den Deutschen - so die allgemeine Lesart in den europäischen Hauptstädten - steht einer der großen Posten zu. Sollte nach der Wahl eine große Koalition an die Macht kommen, gilt es als sehr wahrscheinlich, dass die SPD ihren jetzigen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz auf dem Platz des EU-Kommissionspräsidenten sehen will.

Ratspräsident kann nur einer aus der Euro-Zone werden

Würde Schulz befördert, dann müssten die anderen Jobs proportional unter den anderen Europäern aufgeteilt werden. Ratspräsident kann nur einer aus der Euro-Zone sein und dann wohl auch ein Konservativer. Der Parlamentspräsident hängt vom Ergebnis der Europa-Wahl ab. Außerdem gilt es den üblichen europäischen Proporz zu wahren: Nord gegen Süd, Altmitglieder gegen Neuzugänge, Klein gegen Groß.

Bei der Nato gibt es noch ein paar zusätzliche Komplikationen. Zuerst müssen die USA der Personalie zustimmen, denn der Posten wird zwar von einem Europäer besetzt, aber nicht gegen den Willen Washingtons. An der Reihe wäre auch einmal ein Neuzugang im Bündnis, also ein Land aus dem früheren Warschauer Pakt - wenn es denn die Beziehungen zu Russland zulassen.

Die Staats- und Regierungschefs der Nato treffen sich erst im Sommer 2014 wieder. Ob die Verteidigungsminister noch in diesem Jahr über die Personalie entscheiden, ist fraglich. Notfalls muss der amtierende Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen ein paar Monate länger im Amt bleiben. Wenn jetzt über den deutschen Verteidigungsminister Thomas de Maizière als Kandidaten spekuliert wird, dann kann das nur zweierlei heißen: Entweder will ihm jemand schaden, oder die Bundesregierung will deutlich machen, dass sie bei dem Revirement gefragt werden muss. Das allerdings war längst bekannt.

© SZ vom 09.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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