Begnadigte US-Journalistinnen:Ein Geschenk für Kim Jong Il

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Nuklearpoker mit den USA: Die beiden Amerikanerinnen, die angeblich illegal die Grenze nach Nordkorea übertreten hatten, kamen dem Diktator Kim Jong Il als Faustpfand gerade recht.

Henrik Bork

Zum Spielball der Politik zu werden, ist mit das Schlimmste, was Journalisten passieren kann. Laura Ling und Euna Lee machten diese Erfahrung gerade. Die zwei amerikanischen Reporterinnen wurden seit fünf Monaten in Nordkorea festgehalten. Sie dienten dem kommunistischen Diktator Kim JongIl als Faustpfand in seinem Nuklearpoker mit den USA.

Die beiden US-Journalistinnen wollten eine Reportage über nordkoreanische Flüchtlinge drehen - und wurden ein willkommenes Faustpfand für Kim Jong Il. (Foto: Foto:)

Mit der Ankunft Bill Clintons am Dienstag in Pjöngjang hat Kim einen politischen Sieg errungen. Für die Reporterinnen aber ging es um ihre Freiheit. Beide waren von Nordkorea zu zwölf Jahren Arbeitslager verurteilt worden. Nun sind sie begnadigt.

Clinton hatte die beiden Frauen laut dem US-Sender ABC bald nach seiner Ankunft sprechen können. Das Treffen sei "sehr emotional" verlaufen, berichtete der Sender unter Berufung auf ein Mitglied der Delegation Clintons. Die beiden Amerikanerinnen konnten bereits am Mittwoch mit dem Ex-Präsidenten in die USA zurückkehren.

Um 6.30 Uhr am Morgen des 17. März hatten die beiden Frauen ihre Videokamera genommen und den noch zugefrorenen Tumen-Fluss betreten. Genau in der Mitte des Eises verläuft die Grenze zwischen China und Nordkorea.

Laura Ling, eine 32-jährige Reporterin und Euna Lee, eine 36-jährige Redakteurin, waren im Auftrag des Internet-Kabelsenders Current TV unterwegs, um eine Reportage über nordkoreanische Flüchtlinge zu drehen. Unter bislang nicht völlig geklärten Umständen wurden sie von nordkoreanischen Grenzsoldaten festgenommen und später verurteilt.

Nach nordkoreanischer Darstellung sollen sich die beiden bis über die Mitte des Flusses gewagt haben, um zu filmen, also illegal in Nordkorea eingedrungen sein. Sie hätten sogar einen Stein als Andenken eingesteckt, berichtete die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA. Als Beweis zeigten die nordkoreanischen Staatsmedien Teile des Videos der beiden Frauen.

"Wir haben gerade ohne Erlaubnis einen nordkoreanischen Innenhof betreten", soll eine von ihnen der koreanischen Übersetzung zufolge in die Kamera gesprochen haben. Ob das so stimmt, ist unklar. Fest steht, dass die beiden Frauen für den kränkelnden Kim Jong Il wie ein Geschenk des Himmels kamen.

Mit unterirdischen Atomversuchen, Raketentests und Provokationen hatte Kim vergeblich versucht, der neuen US-Regierung von Barack Obama hochrangige direkte Verhandlungen abzutrotzen. Amerikanische Geiseln aber erhöhten seine Chancen, wie der 68 Jahre alte Diktator von früheren Gefangenenaustauschen wusste.

Die beiden Journalistinnen entpuppten sich als besonders wertvoll. Current TV war von dem ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore gegründet worden. Er stand sofort unter Druck, sich für die beiden Reporterinnen einzusetzen. Am 11.Mai traf sich Gore mit Außenministerin Hillary Clinton und bat sie um Erlaubnis für eine Reise nach Pjöngjang. Dass nun sogar Bill Clinton gekommen ist, ist für den geltungssüchtigen Diktator in Pjöngjang ein noch viel größerer Coup.

Laura Ling und Euna Lee sind die ganze Zeit über in einem Gästehaus der nordkoreanischen Regierung gefangen gehalten worden. Beide sind verheiratet. Euna Lee hat eine vierjährige Tochter namens Hannah. "Sie denkt immer noch, Mama ist bei der Arbeit", sagte ihr Ehemann Michael Saldate im Fernsehen.

© SZ vom 05.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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