Barack Obama und Hamid Karsai:Angespannte Annäherung

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Trotz angestrengter Choreographie: Beim USA-Besuch von Afghanistans Präsident Karsai wird klar, wie fragil das Verhältnis zwischen beiden Ländern nach wie vor ist.

Reymer Klüver, Washington

Es war ein hoch choreographierter Auftritt und sollte die neu gefundene Einigkeit zwischen beiden Präsidenten unterstreichen. Tatsächlich bewies die gemeinsame Pressekonferenz von Barack Obama und dem afghanischen Staatsoberhaupt Hamid Karsai am Mittwoch im East Room, dem Prunksaal des Weißen Hauses, eher zweierlei: Erstens wie angespannt das Verhältnis nach wie vor ist. Und zweitens dass die Amerikaner zwar wissen mögen, wie sie militärisch in Afghanistan vorgehen wollen, dass ihnen aber noch immer ganz und gar nicht klar ist, was sie politisch am besten tun sollen.

Das Verhältnis bleibt angespannt: US-Präsident Obama und Afghanistans Präsident Hamid Karsai in Washington. (Foto: Foto: Reuters)

Anstatt mit der Peitsche versuchen sie es nun aber mit dem Zuckerbrot. Der Kontrast zu Karsais letzter Visite in Washington vor einem Jahr ist mehr als offensichtlich. Damals wurde dem afghanischen Präsidenten mit barschen Worten bedeutet, dass er sich mehr anstrengen müsse, wenn er weiterhin die Unterstützung der USA genießen wolle.

Berichte über Zerwürfnis "einfach übertrieben"

Diesmal hingegen wurde Karsai überall der rote Teppich ausgerollt: Er wurde vom US-Afghanistan-Beauftragten Richard Holbrooke persönlich am Flughafen begrüßt. Er traf die Spitzen von Militär und Geheimdiensten, konferierte mit den wichtigsten Ministern einschließlich eines langen Tête-à-Tête mit Außenministerin Hillary Clinton, er speiste mit Vizepräsident Joseph Biden und bekam einen Auftritt Seit' an Seit' mit Obama.

Wie weggeblasen scheint der Ärger der vergangenen Wochen und Monate - Karsais Drohung, mit den Taliban gemeinsame Sache zu machen, die Klagen der Amerikaner über Korruption und Inkompetenz auf Seiten der afghanischen Regierung. Obama sagte lediglich, dass die Afghanen "Fortschritte" in der Korruptionsbekämpfung gemacht hätten und dass Berichte über ein Zerwürfnis mit Karsai "einfach übertrieben" gewesen seien.

Tatsächlich aber hatte der US-Botschafter in Kabul, Karl Eickenberry, in einem vertraulichen Schreiben Ende vergangenen Jahres bezweifelt, dass Karsai noch ein "angemessener strategischer Partner" der US-Regierung sein könne. Außenministerin Clinton hatte die Aufbauhilfe für Afghanistan von der Bekämpfung der Günstlingswirtschaft abhängig gemacht.

Unerwartet heftiger Widerstand

Stattdessen lobte Obama - indes erkennbar angestrengt - Karsais Bemühungen um die Eindämmung der Korruption: "Fortschritte sind gemacht worden", formulierte er etwas verklausuliert. Er versprach, dass Amerika Afghanistan auch dann nicht im Stich lassen werde, wenn die US-Truppen, wie von ihm im vergangenen Jahr angekündigt, im Sommer 2011 mit dem Abzug beginnen würden. Und er unterstützte ostentativ Karsais Einsatz für eine Aussöhnung mit Taliban-Anhängern, die bereit sind, ihre Waffen niederzulegen und die Verbindungen zu al-Qaida abzubrechen.

Hinter vorgehaltener Hand räumten aber Regierungsvertreter im Weißen Haus ein, dass es noch kein klares Konzept für den zivilen Aufbau in Afghanistan gebe. Diskutiert wurde in den Gesprächen offenbar, den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank stärker einzubinden.

Zwar erklärte Obama offiziell, dass das US-Militär in Afghanistan wie geplant vorankomme. Aber tatsächlich dürfte der unerwartet heftige Widerstand gegen die US-Soldaten in Marjdscha in der Provinz Helmand kein gutes Vorzeichen für die geplante Sommer-Offensive in der Provinz Kandahar sein.

© SZ vom 14.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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