Amnesty-Bericht über Polizeigewalt in Ägypten:Ägyptens Polizei prügelt wie zu Mubaraks Zeiten

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Die Ägypter konnten 2011 zwar das verhasste Mubarak-Regime stürzen, auf den Rechtsstaat warten sie aber noch immer. Ein aktueller Bericht von Amnesty International zeigt, wie in Ägypten Menschenrechte auch nach der Revolution missachtet werden - und welche Enttäuschung sich breitmacht.

Mehr als ein Jahr ist es nun her, dass Millionen Ägypter gegen das Mubarak-Regime und für einen Rechtsstaat auf dem Tahrir-Platz demonstrierten. Die empörten Menschenmassen, die in ihrem meist friedlichen Protest für den Arabischen Frühling stehen, trugen zwar zum Sturz Mubaraks bei - ein Rechtsstaat ist Ägypten aber nicht geworden: Menschenrechte werden in Ägypten heute noch genauso mit Füßen getreten wie in der Ära von Mubarak, beklagt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI).

In dem Bericht von Amnesty International heißt es, Präsident Mohammed Mursi und die neue Regierung hätten bislang nichts gegen die weitverbreitete Misshandlung von Demonstranten und Häftlingen unternommen. (Foto: AP)

Wer in die Hände der Sicherheitskräfte gerät, dem drohen weiterhin sexuelle Gewalt und Elektroschocks. Zu diesem Schluss kommt ein AI-Bericht über Gewalt durch Polizei und Soldaten, den die Organisation in Kairo vorstellt.

In dem Bericht heißt es, Präsident Mohammed Mursi und die neue Regierung hätten bislang nichts gegen die weitverbreitete Misshandlung von Demonstranten und Häftlingen unternommen. Auch der Oberste Militärrat, der nach dem erzwungenen Rücktritt Mubaraks im Februar 2011 für 16 Monate die Macht übernommen hatte, soll mit brutaler Gewalt gegen ägyptische Bürger vorgegangen sein.

Auch heute müssen Polizisten nicht mit harten Strafen rechnen

Amnesty International führt Beispiele von Demonstranten an, die mit Elektroschocks traktiert und sexuell gedemütigt worden seien. Polizisten und Soldaten hätten auf Proteste mehrfach mit "exzessiver Gewalt" reagiert, heißt es. Dadurch hätten sie den Tod Dutzender Demonstranten provoziert, so der Bericht.

Die Organisation schildert mehrere individuelle Fälle von Opfern ägyptischer Polizeigewalt, so auch die Geschichte von Hassan Shahata Abdelaziz. Er sei im Qanater-Gefängnis zu Tode geprügelt worden. Zwar hätten spätere Untersuchungen gezeigt, dass Abdelaziz gefoltert worden war. Sie wurden aber eingestellt.

Amnesty International erinnert die neue ägyptische Regierung unter Präsident Mursi auch an ihre historische Verantwortung. Einer der Auslöser für die sogenannte ägyptische Revolution vom 25. Januar war der Tod von Chaled Said aus Alexandria gewesen. Der junge Mann war von zwei korrupten Polizisten zu Tode geprügelt worden.

Mursi hatte zwar versprochen, den Polizeiapparat zu reformieren, doch passiert ist offensichtlich wenig. Auch heute müssten Polizisten und Soldaten in der Regel nicht mit harten Strafen rechnen, wenn sie willkürlich Zivilisten angreifen oder misshandeln, sagt Amnesty International. Der Bericht zeigt zudem, welche Enttäuschung sich bei den Ägyptern einstellt. So zitiert Amnesty den 19-jährigen Islam Mustafa Abu Bakr: "Wie können sie uns nur so demütigen, und dann kommen sie auch noch ungeschoren davon, nach allem, was wir während der Revolution getan haben, um dieses Land besser zu machen."

Abu Bakr wurde wegen seiner Teilnahme an den Protesten vor dem Kabinettsgebäude im Dezember 2011 angeklagt.

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