Abrüstung: Atomwaffen:Bomben zu Brennstoff

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Das neue Abrüstungsabkommen zwischen den USA und Russland steht. Doch was passiert mit den Atomwaffen, die ausrangiert werden? Die Verschrottung ist aufwendig - und gefährlich.

Paul-Anton Krüger

Nächste Woche werden US-Präsident Barack Obama und sein russischer Kollege Dmitrij Medwedjew in Prag das neue Abrüstungsabkommen zwischen ihren Ländern unterschreiben. Doch von da an ist es ein langer Weg, bis die ausrangierten Atomsprengköpfe verschrottet sind.

In den USA werden die einsatzbereiten Bomben außer Dienst gestellt, das ist zunächst ein bürokratischer Akt. Sofern das Militär die Waffen nicht als Reserve einlagert, werden Batterien entfernt, ebenso andere Teile mit begrenzter Lebensdauer, die bei aktiven Sprengköpfen regelmäßig getauscht werden.

Sind die Waffen zur Vernichtung vorgesehen, gelangen sie in Hochsicherheitstransportern zur Demontage in die Waffenfabrik Pantex nahe Amarillo in Texas. Hier hat man das nötige Wissen, denn die meisten Bomben wurden Jahrzehnte zuvor in dieser Anlage zusammengebaut. Russland unterhält zwei vergleichbare Einrichtungen, doch ist über die Demontage in Russland kaum etwas bekannt.

Die Pantex-Techniker entfernen im ersten Schritt in einem Schutzraum aus Beton mit doppelten Sicherheitstüren alle Bauteile, die nicht direkt zum nuklearen Sprengsatz gehören, etwa die Bombenhülle, Fallschirme oder die Elektronik, die den Sprengkopf scharf schaltet und die Zündung auslöst. Dafür ist Spezialwerkzeug nötig, das für jeden Bombentyp eigens entwickelt werden muss. Manche Arbeitsgänge übernehmen Roboter, manche Schritte der Demontage sind als geheim eingestuft. Die einzelnen Arbeitsschritte folgen einem präzisen Ablauf - im Prinzip der umgekehrten Reihenfolge wie beim Zusammenbau.

Der Prozess, der Tage, aber auch Wochen dauern kann, unterscheidet sich von Sprengkopf zu Sprengkopf, doch bleibt am Ende der Kern der Waffe übrig. Er besteht in der Regel aus Plutonium, das von hochexplosivem Sprengstoff umgeben ist. Diese beiden Komponenten zu trennen, birgt das höchste Unfallrisiko. Die Arbeiten finden daher in speziellen Gebäuden statt, die stabile Wände haben, aber ein fragiles Dach, das mit einer sieben Meter dicken Schotterschicht bedeckt ist. Explodiert der Sprengstoff versehentlich, begräbt die Konstruktion das gefährliche Material unter sich.

Verschiedene Atomwaffenlabors der USA machen die einzelnen Bauteile unbrauchbar. Komponenten aus hochangereichertem Uran werden in die Y-12-Anlage in Oak Ridge, Tennessee überstellt. Das Metall wird zur Lagerung in Zylinder umgeschmolzen und dann in Brennelementen für Atomkraftwerke weiterverwendet. Es muss dazu mit abgereichertem Uran vermischt werden, um den Anteil des spaltbaren Isotops Uran 235 von mehr als 90 Prozent auf unter fünf Prozent zu senken.

Aufwendig und teuer

Die USA haben von Russland Brennstoff aus Waffen-Uran gekauft, das für 15.000 Bomben reichen würde, um es aus dem Verkehr zu ziehen. Schwieriger ist die Verwertung von Plutonium. Es kann zwar vermischt mit Uran zu Brennstäben aus Mischoxid verarbeitet werden, doch das ist aufwendig und teuer. Eine geeignete Anlage in den USA ist noch in Bau. Daher lagern die USA die meisten Plutonium-Kerne ein.

In den neunziger Jahren wurden in der Pantex-Anlage bis zu 1800 Gefechtsköpfe pro Jahr zerlegt. Zuletzt waren es geschätzt nur mehr etwa 350 pro Jahr. Der Experte Hans Kristensen geht davon aus, dass schon bisher mehr als 4500 Bomben auf ihre Vernichtung warteten. Mit den neuen Abkommen, so meint er, könnte es bis zum Jahr 2030 dauern, bis die USA alle ausgemusterten Sprengköpfe verschrottet haben.

© SZ vom 30.03.2010/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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