Vor Gericht:Richter in Brüssel verurteilen arabische Prinzessinnen wegen Menschenhandels

Prozess gegen acht arabische Prinzessinnen in Brüssel

Nur wenige der Frauen, die in dem Brüsseler Hotel gefangen gehalten wurden, trauten sich, vor Gericht auszusagen.

(Foto: dpa)
  • In Brüssel sind acht arabische Prinzessinnen verurteilt worden, weil sie ihre Angestellten wie Sklaven eingesperrt hatten.
  • Die Richter verurteilten die Angeklagten, die aus den Vereinigten Arabischen Emiraten stammen, zu 15 Monaten auf Bewährung plus Geldstrafe.
  • Das Verbrechen spielte sich im Jahr 2008 ab. Es kam nur ans Licht, weil eine der Frauen sich einem Anwalt anvertraute.

An einem Morgen im Sommer 2008 stürmen 40 Polizisten die vierte Etage des Brüsseler Luxushotels "Conrad". Sie befreien 17 Frauen, die in den Räumen des Hotels gefangen gehalten worden sind und, wie sich später herausstellt, unter Bedingungen lebten, die einer modernen Sklaverei gleichkommen. Die Frauen, teilweise waren es mehr als 20, sollen über Monate hinweg erniedrigt und misshandelt worden sein.

Nun ist das Urteil gegen die Täterinnen gesprochen worden. Es sind acht arabische Prinzessinnen aus der Familie des in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten herrschenden Al-Nahyan-Klans. Sie wurden zu jeweils 15 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Zudem legten die Richter in Brüssel eine Geldstrafe von jeweils 165 000 Euro fest.

Die Frauen - die Witwe eines Scheich und ihre sieben Töchter - residierten damals über Monate hinweg in dem Hotel. Eine von ihnen ließ sich in Brüssel in einer Kinderwunsch-Klinik behandeln, die anderen vergnügten sich vor allem mit Shopping-Touren. In dem Prozess, der Mitte Mai begonnen hatte, mussten sich die Prinzessinnen unter anderem wegen Menschenhandels, Freiheitsberaubung und erniedrigender Behandlung ihrer Angestellten verantworten.

Den Vorwurf der unmenschlichen Behandlung sahen die Richter allerdings nicht erwiesen. Auch stellte das Gericht keine Verstöße gegen das belgische Arbeitsrecht fest: Nicht die Prinzessinnen, sondern ein Unternehmen sei Arbeitgeber der Köche, Dienstboten und Kindermädchen gewesen. Ein mitangeklagter Verwalter der Scheich-Familie wurde freigesprochen.

Sowohl die Ankläger als auch die Verteidiger signalisierten die Absicht, das Urteil anzufechten. Bei der Verkündung waren weder die Opfer noch die Angeklagten anwesend. Da sie nach den Vorfällen im Hotel unbehelligt ausreisen konnten, ist unklar, ob die Strafe tatsächlich vollstreckt werden kann.

Lohn bekamen sie nie

Ans Licht kam das Verbrechen nur, weil eine der Bediensteten sich befreien konnte und sich einem Anwalt anvertraut hatte. Eine andere Angestellte, die ebenfalls die Flucht ergriffen hatte, wurde von Leibwächtern der Prinzessinnen am Brüsseler Flughafen gefasst und nach Aussage von Anwälten zur Strafe drei Tage lang ohne Nahrung in ein Zimmer gesperrt.

Die Opfer stammten aus armen Familien in Marokko, Tunesien, Ägypten, Sudan und anderen Ländern. Einige von ihnen entschlossen sich schließlich, Anzeige zu erstatten. Doch nur zwei Frauen haben sich getraut, auch vor Gericht auszusagen. Aus ihren Schilderungen rekonstruierte das Gericht, was sich in dem Hotel abgespielt hat: Demnach mussten die Opfer den Prinzessinen jederzeit zu Diensten sein. Sie hatten keinerlei geregelte Arbeitszeit und den versprochenen Lohn von 150 bis 500 Euro pro Monat hätten sie nie bekommen. Ihre Pässe seien ihnen abgenommen worden, außerdem seien sie ständig beschimpft worden und mussten auf dem Gang schlafen, obwohl die Herrscherfamilie 54 Zimmer gebucht hatte.

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