Übergriffe an Silvester:Übergriffe in Köln: Polizei ermittelt gegen Polizei

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Kölner Polizisten vor dem Hauptbahnhof: Wegen der Berichte über die Vorfälle der Silvesternacht wird nun wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses ermittelt. (Foto: Maja Hitij/dpa)
  • Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ermittelt die Kölner Polizei in mehreren Fällen wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses gegen Polizeibeamte.
  • Es geht um die Vorfälle in der Silvesternacht - und die Frage, wie interne Berichte an die Öffentlichkeit gelangen konnten.

Von Bernd Dörries

Erfahrungsberichte schreiben die Menschen meistens über ein Auslandsstudium oder eine neue Yoga-Methode. Polizisten behalten ihre dienstliche Erfahrungen eigentlich für sich, sie verfassen eher nüchterne Protokolle. Am 4. Januar aber schrieb ein Beamter der Bundespolizei auf, was er in der Silvesternacht vor dem Kölner Hauptbahnhof erlebt hatte. Seine Sätze über einen Mob betrunkener Männer, der Frauen sexuell belästigte, entfachten eine Debatte darüber, ob Deutschland weiter Flüchtlinge aufnehmen sollte.

"Im Einsatzverlauf erschienen zahlreiche weinende und schockierte Frauen/Mädchen bei den eingesetzten Beamten und schilderten von sex. Übergriffen durch mehrere männliche Migranten/ -gruppen", schrieb der Beamte. Er berichtete von Verdächtigen, die zur Polizei gesagt hätten: "Ich bin Syrer, ihr müsst mich freundlich behandeln! Frau Merkel hat mich eingeladen." Einen "Brandbeschleuniger" nannte die FAZ den Text. Klar ist: Er veränderte die Diskussion über Flüchtlinge in Deutschland. Vermutlich millionenfach wurde der Text in den sozialen Medien geteilt. Manche machten aus dem Beamten einen Helden, weil er die Verhältnisse der Nacht realistisch beschrieb, ohne Rücksicht auf Nationalitäten.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ermittelt nun allerdings die Kölner Polizei wegen einer möglichen Verletzung des Dienstgeheimnisses. "Es wird derzeit eine Materialsammlung erstellt, die Polizei recherchiert intern", sagte ein Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft.

In den vergangenen Wochen soll der Druck innerhalb der Behörde gestiegen sein

Die Behörden wollten prüfen, wie interne Berichte an die Öffentlichkeit gelangen konnten. Darunter auch der des Führers einer Einsatzhundertschaft. Darin war zu lesen, dass sich bei Personalfeststellungen vor dem Hauptbahnhof der "überwiegende Teil der Personen lediglich mit dem Registrierungsbeleg als Asylsuchender des Bamf" ausweisen konnte. Zudem wurden die Nationalitäten von überprüften Personen aufgeschlüsselt.

Für Teile der Öffentlichkeit entstand so ein konkreteres Bild der Tatnacht. Dem nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD) offenbarte sich das Bild einer Polizei, die sich seiner Kontrolle entzieht. Jäger hatte in den Tagen nach der Silvesternacht einen eher hilflosen Eindruck gemacht, sich dann aber darauf festgelegt, dass die Kölner Polizei die Hauptverantwortung trage. Protokolle, die ein anderes Bild zeichnen, stören da nur. In den vergangenen Wochen, so berichten es Polizisten, sei der Druck intern gestiegen. Vorgesetzte hätten deutlich gemacht, dass keine Ermittlungsergebnisse mehr an die Öffentlichkeit gelangen dürften.

© SZ vom 23.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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