Studie: Römer sehen schwarz:Stadt der Angst

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Für viele Touristen ist Rom ein Ort glorreicher Geschichte und mediterran-heiterer Gegenwart. Doch der Schein trügt: In keiner anderen Metropole sind die Menschen so pessimistisch wie am Tiber.

Stefan Ulrich, Rom

Für viele Touristen ist Rom ein Traumziel, ein Ort glorreicher Geschichte und mediterran-heiterer Gegenwart. Viele Römer erleben ihre Kapitale dagegen anders - als Stadt der Angst. Das geht aus einer Umfrage hervor, deren Ergebnisse das seriöse italienische Institut für sozialökonomische Forschungen Censis jetzt veröffentlicht hat.

Die Spanische Treppe in Rom: In keiner anderen Metropole sind die Menschen so pessimistisch wie am Tiber. (Foto: Foto: dpa)

Censis ließ die Bürger in zehn Metropolen befragen, in New York, Mumbai, London, Paris, Kairo, São Paulo, Moskau, Peking, Tokio und Rom. Das Ergebnis: Nirgendwo sind die Menschen pessimistischer als am Tiber.

Dort antworteten 58 Prozent der Bürger auf die Frage: "Welches Gefühl beschreibt am besten Ihre Haltung zum Leben?" mit den Begriffen "Unsicherheit" und "Angst". In den anderen Großstädten waren es im Schnitt nur etwa 36 Prozent.

Am meisten plagt die Römer die Sorge, ihre persönliche Unabhängigkeit und geistige Gesundheit zu verlieren. An zweiter Stelle folgt die Angst um den Job. Junge Römer sind dabei noch pessimistischer als alte. "Im Gegensatz zu früheren Generationen haben die Jungen keinen klaren Weg in eine vorhersehbare Zukunft mehr vor sich", sagt der Philosoph Franco Volpi. Censis-Präsident Giuseppe De Rita meint: "Die Angst gehört zur Welt von heute, weil wir in einer immer komplexeren Gesellschaft leben, die wir nicht mehr zu führen wissen."

Das alles gilt freilich auch in anderen Städten. Warum also sind die Römer besonders verunsichert? Der rechtsnationale Bürgermeister Gianni Alemanno behauptet, das Rom der Angst sei das Erbe seines linken Vorgängers. "Wir müssen die bitteren Früchte vieler Jahre ernten, in denen das Problem der Sicherheit der Bürger total ignoriert worden ist."

Vertreter der Linken kritisieren dagegen, die Rechte schüre Ängste, um Stimmen zu fangen. Ähnlich sieht das De Rita: "Die Politiker haben die Ängste der Italiener instrumentalisiert. Dieselbe Strategie wurde bereits bei den jüngsten Wahlen in London benutzt. Sie ist erfolgreich."

© SZ vom 17.09.2008/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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