Royals in Deutschland:Küss mich, Kate, im dicken Turm

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Kate und William werden bei ihrer Stippvisite in Heidelberg keine Zeit für einen Schlossbesuch haben - es blickt ihnen von dort oben eine Menge familiärer Geschichte entgegen. (Foto: Elenarts - stock.adobe.com)

William und Kate stoßen bei ihrer Stippvisite in Heidelberg auf Familiengeschichte. 1613 residierte Elizabeth Stuart mit ihrem Gemahl im Heidelberger Schloss - und ließ Shakespeare spielen.

Von Jürgen Berger

Wie aufregend, Prinz William und Herzogin Kate kommen erstmals nach Deutschland! Zwischen ihren Stationen in Berlin und Hamburg statten sie am Donnerstag auch der kleinen Stadt Heidelberg einen Besuch ab. Nicht, um dort traulich den Philosophenweg abzuschreiten, sondern um alte Bande zu pflegen: Die Universitätsstädte Cambridge und Heidelberg verbindet eine enge Partnerschaft.

Es wird deshalb auf dem Marktplatz ein "Heidelberg-Cambridge-Festival" gefeiert werden, und auf dem Neckar wird es zur Feier des Tages und der deutsch-britischen Verbundenheit eine Ruderregatta geben mit Athleten aus Heidelberg und Cambridge, an deren Ende die Herzogin von Cambridge und der Prinz von England die Medaillen überreichen werden. Sollen die auf der Insel ruhig ihren Brexit vorantreiben - die Royals pflegen derweil die guten Beziehungen zum Festland genau dort, wo sie bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen.

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Vor etwas mehr als vierhundert Jahren bezog schon einmal ein fürstliches Ehepaar aus London Quartier in Heidelberg, damals im Schloss hoch über der Stadt. Die Rede ist von Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz und Elizabeth Stuart, der damaligen Prinzessin von England. Als die Prinzessin und der Kurfürst am 14. Februar 1613 in der königlichen Kapelle des Whitehall-Palasts zu London Ja sagten, waren sie fünfzehn und hatten Glück. Der Wille von Elizabeths Vater, dem englisch-schottischen König, entsprach zufälligerweise ihrer Herzensneigung. Sie waren wie Kate und William ein Traumpaar in bewegten Zeiten.

Stellt sich den Engländern und restlichen Europäern heute die Frage, ob das mit dem Brexit glimpflich ausgehen wird, standen die Inselbewohner und ihre festländischen Nachbarn im 17. Jahrhundert vor der Frage: Reformiert sein oder nicht reformiert sein? Der Riss ging quer durch die Fürstentümer und Stände. Das britische Königshaus jedenfalls wollte mit der Heirat der Prinzessin und des Kurfürsten eine calvinistische Bastion im Herzen des überwiegend katholischen Festlandes errichten.

Anfänglich klappte das auch. 1619 wählten die protestantischen Stände in Prag Friedrich V. zum König von Böhmen. Dummerweise war er das aber nur einen Winter lang. Ferdinand II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, sorgte postwendend für die Rekatholisierung Böhmens. Kurz darauf brach der Dreißigjährige Krieg aus. Elizabeth und Friedrich V. blieb nur das Exil in den Niederlanden.

1613 spielten die King's Men im Heidelberger Schloss Shakespeares "Der Sturm"

Einige Jahre davor, als sie nach der Hochzeit in Richtung Heidelberg aufbrachen, war das alles noch etwas prickelnder. Zwar reisten damals keine Wassersportler für eine Ruderregatta mit, dafür aber Elizabeths Entourage, der Landschaftsarchitekt Salomon de Caus und last but not least: die King's Men, Shakespeares royale Theatertruppe. In Heidelberg angekommen, frönte man den schönen Künsten.

Salomon de Caus plante den Schlossgarten (Hortus Palatinus), Friedrich ließ einen neuen Schlossflügel errichten (Englischer Bau) und Elizabeth im sogenannten Dicken Turm ein Theater unterbringen. Warum auch nicht? Man war jung, da schlägt man gerne etwas über die Stränge. Und schließlich gab es in London ja auch immer Theater. Das mit der Bühnenkunst im Dicken Turm hat die Jahrhunderte überdauert: Es wird dort immer noch gespielt - jedes Jahr am Ende der Saison gibt es die Heidelberger Schlossfestspiele. In diesem Jahr steht sinnigerweise "Kiss me, Kate" auf dem Programm, Cole Porters Musical nach Shakespeares "Der Widerspenstigen Zähmung".

So schließt sich der Kreis. 1613 gab es im Schloss ebenfalls Shakespeare. Die King's Men spielten drei Monate lang das Stück "Der Sturm". Der Meister selbst, so wird gemunkelt, sei auch mit dabei gewesen. Schließlich habe er das insulare Zauberspiel eines zwischen Machtgelüsten und humanitärer Sanftmut schwankenden Prospero eigens für die fürstliche Hochzeit in London geschrieben.

Auch wenn Kate und William bei ihrer Stippvisite in Heidelberg keine Zeit für einen Schlossbesuch haben - es blickt ihnen von dort oben eine Menge familiärer Geschichte entgegen. Elizabeth Stuart war nicht nur die Enkelin von Maria Stuart, der Friedrich Schiller später ein Königinnendrama widmete. Aufgrund ihrer großen Kinderschar und eines 1701 vom Parlament erlassenen Act of Settlement ist Elizabeth auch die Stammmutter der späteren Königinnen und Könige von England.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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