Prozess in der Schweiz:Gericht lehnt Deal ab - Jan Ullrich droht Gefängnis

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  • Der Richter hat die von Staatsanwaltschaft und Verteidigung vorgeschlagene Bewährungsstrafe für Jan Ullrich überraschend abgelehnt.
  • Herangezogene Gutachten seien nicht glaubwürdig und in der Anklage werde verschwiegen, dass Ullrich neben Alkohol Valium eingenommen hatte.
  • Zuvor hatte Jan Ullrich gestanden, 2014 mit 1,8 Promille in der Nähe des Bodensees einen Autounfall gebaut zu haben.

Die Begründung des Gerichts

Im Verfahren um den Alkohol-Unfall von Ex-Radprofi Jan Ullrich in der Schweiz hat das Gericht ein zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung abgestimmtes Strafmaß abgelehnt. Die vorgelegte Anklageschrift werde nicht genehmigt und zur Überprüfung an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, erklärte das Bezirksgericht in Weinfelden. Damit droht Ullrich überraschend doch wieder eine Haftstrafe.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine 18-monatige Haftstrafe verlangt, die jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Zudem sollte er eine Geldbuße in Höhe von 10 000 Franken (etwa 9600 Euro) zahlen und sämtliche Kosten des Verfahrens tragen.

Der Präsident des Bezirksgerichts, Pascal Schmid, warf der Staatsanwaltschaft erhebliche Nachlässigkeit vor. So seien Gutachten, wonach Ullrich bei dem Unfall am 19. Mai 2014 "nur" 139 Stundenkilometer - bei erlaubtem Tempo 80 - fuhr, nicht glaubwürdig.

Unfall in der Schweiz
:Jan Ullrich gesteht Fahrt unter Alkoholeinfluss

"Das war ein Riesenfehler": Jan Ullrich hat eingeräumt, Alkohol getrunken zu haben, bevor er im Schweizer Kanton Thurgau einen schweren Unfall verursachte. Der Ex-Radprofi gerät nicht zum ersten Mal mit einem Verkehrsdellikt in die Schlagzeilen.

Andere Gutachten würden von 143 km/h ausgehen. Sie seien jedoch von der Staatsanwaltschaft nicht ausreichend gewürdigt worden. Der Unterschied sei erheblich, sagte Schmid: Bei 143 Stundenkilometern sei Ullrich nämlich laut Schweizer Verkehrsrecht als "Raser" einzustufen und zwingend zu mindestens einem Jahr Gefängnis zu verurteilen. Hinzu komme die Fahruntüchtigkeit, die das Strafmaß noch weiter erhöhen könne.

Gerichtspräsident Schmid rügte auch scharf, dass die Staatsanwaltschaft eine bei Ullrich nach dem Unfall festgestellte Einnahme des Beruhigungsmittels Valium in Kombination mit Alkohol überhaupt nicht berücksichtigt, sondern in der Anklageschrift verschwiegen habe.

Wann es zu einer weiteren Verhandlung und zur Urteilsfindung kommt, blieb zunächst unklar. Die Staatsanwaltschaft muss nun die Ermittlungen neu aufrollen und alle möglicherweise straferschwerenden Umstände neu gewichten. Dass Ullrich tiefe Reue gezeigt habe, sei zwar anzuerkennen, erklärte der Richter. Doch er machte zugleich klar, dass dies nicht dazu verleiten dürfe, Ullrich anders zu behandeln als andere Angeklagte in ähnlichen Fällen.

Das Geständnis

Zuvor hate sich der Ex-Radprofi Jan Ullrich vor Gericht schuldig bekannt und die zunächst geforderte Strafe akzeptiert.

Der Ex-Radprofi sprach bei der Verhandlung von einem "Riesenfehler, den ich zutiefst bereue und für den ich mich schäme". Er werde niemals wieder unter Alkohol am Steuer sitzen.

Ullrich erschien im Sakko und weißem Polo-Hemd zur Verhandlung. Nach Informationen des Schweizer Blick wurde er in einem Porsche vorgefahren - seinen Führerschein ist er seit dem Vorfall los.

Die Anklage

Laut Anklage war Ullrich am 19. Mai 2014 mit 1,8 Promille Alkohol im Blut an einer Kreuzung in Mattwill südlich des Bodensees auf zwei andere Autos aufgefahren. Er habe sich der Kreuzung mit 139 Stundenkilometern genähert. Erlaubt war auf der Straße Tempo 80. Verletzt wurde bei dem Unfall niemand. Der Sachschaden wurde von der Anklage auf mehr als 66 260 Euro beziffert.

Ullrich fiel damit nicht zum ersten Mal mit rücksichtlosem Verhalten im Straßenverkehr auf. 2002 beging er in Freiburg mit seinem Porsche - und 1,4 Promille - Fahrerflucht.

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