Prozess:Steinwerfer von der A7 muss neuneinhalb Jahre ins Gefängnis

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Der 37-jährige Angeklagte ist vom Landgericht Ellwangen zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er im vergangenen Jahr einen Betonklotz auf die A7 geworfen und damit einen schweren Unfall verursacht hatte. (Foto: dpa)
  • Weil er einen Stein auf eine Autobahn warf, muss ein 37-Jähriger neuneinhalb Jahre ins Gefängnis.
  • Das Landgericht Ellwangen verurteilte den Mann wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung.
  • Durch den Steinwurf war eine Familie schwer verletzt worden. Die Mutter sitzt heute im Rollstuhl.

Der zwölf Kilogramm schwere Pflasterstein hat das Leben einer ganzen Familie zerstört. Die Eltern und die beiden Kinder wurden schwer verletzt, als ihr Auto gegen den auf der A7 bei Giengen an der Brenz liegenden Stein krachte und sich überschlug. Kurz zuvor hatte der Angeklagte den Brocken von einer Brücke auf die Straße geworfen. Die Mutter ist heute teilweise gelähmt und für immer auf einen Rollstuhl angewiesen.

Das Landgericht Ellwangen sieht es als erwiesen an, dass der 37-jährige Angeklagte in heimtückischer Absicht gehandelt hat. Der Vorsitzende Richter hat den Mann wegen vierfachen Mordversuchs und schwerer Körperverletzung zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Zudem ordnete das Gericht die Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik an.

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:"Gedankenlose Täter"

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Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre und neun Monate Haft gefordert. Dem Verteidiger zufolge habe der Mann einen "unbestimmten Racheakt" begehen wollen, aber keine Tötungsabsicht gehabt. Deshalb plädierte er auf die Verurteilung wegen eines schwerwiegenden gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Körperverletzung.

Einem psychiatrischen Gutachten zufolge war "die Steuerungsfähigkeit des Angeschuldigten bei der Tat erheblich vermindert." Dennoch sei er schuldfähig, so der Psychiater Peter Winckler im Prozess. Er bezeichnete den Steinewerfer als gefährlich. Er habe die Tat aus Frust und als ungezielten Racheakt an der Gesellschaft begangen. Der 37-Jährige habe angegeben, er sei zuvor mehrfach von verschiedenen Leuten als Nichtsnutz beleidigt worden und darüber sehr aufgebracht gewesen, doch habe er keine Tötungsabsicht gehabt.

Im Prozess war es zu einem Eklat gekommen, als der Angeklagte dem Familienvater gedroht hatte. Sobald er wieder in Freiheit sei, werde er sich eine Schusswaffe besorgen, hatte der Steinewerfer während der Zeugenaussage des 33-jährigen Mannes gerufen.

Der Angeklagte war bereits in mehreren früheren Fällen wegen Straftaten belangt worden - darunter schwerer Diebstahl und illegaler Besitz von Waffen, die er sich selbst gebaut hatte. Aufgrund psychischer Störungen war er aber meistens von Gutachtern als nicht schuldfähig eingestuft worden und straffrei geblieben.

"Reine Gelegenheitstäter"

Dass Menschen Gegenstände von Brücken auf Autobahnen werfen und damit schwere Unfälle verursachen, kommt immer wieder vor. In Dänemark ist im vergangenen Sommer eine Deutsche gestorben, als ein 30 Kilogramm schwerer Stein ihren Wagen traf.

Eine 25-jährige Mutter starb im Jahr 2008 bei Oldenburg, als ein Holzblock die Windschutzscheibe ihres Autos durchschlagen hatte. Der Täter, der den Holzbrocken von einer Brücke auf die A29 geworfen hatte, wurde später unter anderem wegen Mordes verurteilt. Auch er soll spontan und aus Frust gehandelt haben.

Diese Steinewerfer seien "reine Gelegenheitstäter", sagt der Psychologe Georg Sieber in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Sie würden sich meist keine Gedanken über die Folgen ihres Handelns machen. Seiner Meinung nach könne man solche Taten vor allem durch regelmäßige Brückenkontrollen, bei denen herumliegende Gegenstände entfernt werden, verhindern.

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