Nach der Havarie der "Costa Concordia":Kapitän wird unter Hausarrest gestellt

Lesezeit: 2 min

"Gehen Sie jetzt an Bord - das ist ein Befehl!" Die Küstenwache auf der Insel Giglio hat offenbar mit harschen Worten versucht, den völlig überforderten Kapitän der "Costa Concordia" zur Rückkehr auf das havarierte Schiff zu bewegen. Francesco Schettino wird fahrlässige Tötung vorgeworfen, nach einem dreistündigen Verhör wurde er nun unter Hausarrest gestellt.

Der Kapitän des havarierten Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia , Francesco Schettino, wird unter Hausarrest gestellt. Das entschied die zuständige Richterin in Grosseto, Valeria Montesarchio, nach einer dreistündigen Anhörung des 52-jährigen Kapitäns. Er war bereits am vergangenen Samstag festgenommen worden. Schettino wird fahrlässige Tötung, Havarie und Verlassen des Schiffes mitten in der Evakuierung vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.

Italienische Medien haben nun Mitschnitte des Funkverkehrs zwischen dem Kommandanten und Gregorio De Falco, Offizier der Hafenkommandantur in Livorno , veröffentlicht. Die Gespräche, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach dem Auflaufen auf einen Felsen vor der Insel Giglio datieren, belegen, dass der Kapitän mit der Situation vollkommen überfordert war.

Weder die Küstenwache noch der Anwalt des Kapitäns wollten sich zu der Echtheit der Funksprüche äußern.

Freitag, 21:49 Uhr Ortszeit, kurz nach dem Unglück

Hafenaufsicht: " Concordia, ist alles okay?"

Francesco Schettino: "Positiv. Wir haben nur eine kleine technische Störung."

Wenig später - nachdem ein Passagier mit der Polizei gesprochen hat - kontaktiert die Hafenaufsicht der italienischen Zeitung La Repubblica zufolge wieder das Schiff.

Schettino: "Wir haben bloß ein technisches Problem. Sobald wir es gelöst haben, werden wir Sie kontaktieren."

Hafenaufsicht: "Wie viele Menschen sind an Bord?"

Schettino: "Zwei-, dreihundert."

Der Zeitung zufolge war das Schiff zu diesem Zeitpunkt, 40 Minuten nach dem Evakuierungsbefehl, noch fast vollbesetzt - mit 4200 Menschen.

Schettino: "Ich gehe zurück zur Brücke, um nachzuschauen."

Samstag, 0:42 Uhr

Hafenaufsicht: "Wie viele Menschen müssen (das Schiff, Anm. d. Red.) verlassen?"

Schettino: "Ich habe den Eigentümer des Schiffes kontaktiert. Er sagt, dass etwa 40 Menschen vermisst werden."

Hafenaufsicht: "Wie kann es sein, dass es nur so wenige Menschen sind? Sind Sie an Bord?"

Schettino: "Nein, ich bin nicht an Bord, weil das Schiff untergeht, wir haben es verlassen."

Hafenaufsicht: "Was meinen Sie, Sie haben das Schiff verlassen?"

Schettino: "Nein, nicht verlassen - ich bin hier und koordiniere die Rettungsaktion."

Hafenaufsicht: "Was koordinieren Sie da? Weigern Sie sich? Gehen Sie zurück an Bord und koordinieren Sie die Rettungsaktion von dort."

Schettino: "Nein, nein, ich weigere mich nicht."

Samstag, 1:46 Uhr

Hafenaufsicht: "Spreche ich mit dem Kapitän?"

Schettino: "Ja, ich bin der Kapitän. Ja, hier ist Schettino."

Hafenaufsicht: "Also, Sie kehren jetzt zurück an Bord, gehen die Stufen hoch. Gehen Sie zurück zum Bug und koordinieren sie die Aktion. Lassen Sie mich wissen, wie viele Menschen an Bord sind."

Schettino schweigt.

Hafenaufsicht: "Kapitän, das Schiff neigt sich zur Seite. Sie müssen zurückkehren und mir sagen, wie viele Menschen an Bord sind - wie viele Passagiere, Frauen und Kinder - und dann von dort die Rettungsaktion koordinieren."

Schettino schweigt.

Hafenaufsicht: "Kapitän, bitte."

Schettino schweigt.

Hafenaufsicht: "Höflichkeit beiseite, gehen Sie jetzt an Bord. Versichern Sie mir, dass Sie an Bord gehen. Kapitän, das ist ein Befehl, ich befehle das jetzt. Sie haben die Evakuierung des Schiffes angeordnet, begeben Sie sich jetzt zum Bug und koordinieren Sie die Aktion von dort. Es gibt schon Tote."

Schettino: "Wie viele?"

Hafenaufsicht: "Das sollten Sie mir sagen!"

Schettino: "Kommandeur, aber verstehen Sie, dass es hier dunkel ist und man nichts erkennen kann?"

Hafenaufsicht: "Was wollen Sie tun, nach Hause gehen? Kehren Sie zurück an Bord und sagen Sie mir, was getan werden kann, um wie viele Menschen es geht und was sie brauchen. Jetzt!"

Schettino: "Okay, ich gehe."

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Havariertes Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia"
:Tödliches Chaos

Fast waagerecht liegt die "Costa Concordia" mittlerweile auf dem Wasser, die Steuerbordseite ist komplett versunken. Im Inneren des Wracks herrschen Chaos und Zerstörung - nur mühsam kämpfen sich die Rettungskräfte ins Innere des Wracks vor. Die Bilder der Schiffskatastrophe.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: