Loveparade-Katastrophe:Duisburgs CDU steht hinter Sauerland

Die Union wird einer schnellen Abwahl des Oberbürgermeisters nicht zustimmen, sondern Ermittlungen abwarten. Sauerlands Pensionsansprüche sind im Falle eines Rückzuges noch völlig unklar.

J. Bielicki und B. Dörries

Die CDU im Duisburger Stadtrat stellt sich gegen eine schnelle Abwahl ihres Oberbürgermeisters Adolf Sauerland. Sollte bereits in den kommenden Wochen über das Abwahlverfahren entschieden werden, würden die Christdemokraten dagegen stimmen, sagte der CDU-Stadtrat Rainer Enzweiler. Auch drei weitere Ratsmitglieder würden gegen den Antrag stimmen. Die für die Abwahl notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit käme damit nicht zustande. "Wir werden nur zustimmen, wenn belastbare Fakten gegen den OB vorliegen", sagte Enzweiler der Süddeutschen Zeitung.

Loveparade - Sauerland kündigt Erklärung an

Bekommt Rückendeckung aus der eigenen partei: Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU).

(Foto: dpa)

"Hexenjagd" und "Kopfschütteln"

Konkrete Beweise für die Mitschuld des Oberbürgermeisters könnten nur staatsanwaltschaftliche Ermittlungen oder ein Untersuchungsausschuss im Landtag liefern. Zu einer baldigen Abwahl Sauerlands werde es daher nicht kommen, so Enzweiler. Auch die Grünen haben noch nicht erklärt, ob sie einer Abwahl Sauerlands zustimmen. Während der grüne Stadtdirektor Peter Greulich von einer "Hexenjagd" gegen Sauerland spricht, hat der Landesvorsitzende Sven Lehmann "dafür nur ein Kopfschütteln übrig" und fordert eine klare Haltung der örtlichen Parteifreunde für die Abwahl von Sauerland. Eigentlich sollte der Oberbürgermeister aber sofort zurücktreten, sagte Lehmann.

Darüber, ob Sauerland nach einem Rücktritt Pensionsansprüche zustehen, sind sich auch Verwaltungsjuristen nicht einig. Sicher ist nur, dass es keine unumstritten gesicherte Rechtsgrundlage gibt, auf die sich Sauerland nach einem Rücktritt verlassen könnte. Denn der Rücktritt eines kommunalen Wahlbeamten ist im Landesbeamtengesetz nicht vorgesehen. Natürlich darf jeder Beamte jederzeit seine Entlassung beantragen. Doch das hat Folgen - auch für Bürgermeister: "Beantragen sie ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, endet das Beamtenverhältnis mit der Entlassung ohne einen Anspruch auf Ruhegehalt. Wie jeder andere Beamte werden sie dann für die Dauer ihrer Amtszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert", heißt es in einer Handreichung des Düsseldorfer Innenministeriums.

Sauerland könnte alle Versorgungsansprüche verlieren

Erst in den vergangenen Tagen fügte das Ministerium einen Satz hinzu: "Ein einmal entstandener Anspruch auf Versorgung aus einem vorausgehenden Beamtenverhältnis auf Zeit bleibt allerdings bestehen, auch wenn sich daran ein neues Beamtenverhältnis nahtlos anschließt (z. B. bei Wiederwahl) und dieses neue Beamtenverhältnis durch Entlassung endet." Das träfe auf den 2009 als OB bestätigten Sauerland zu. Nach dieser Rechtsauffassung, die das Innenministerium bereits in einem Erlass vom Juni 2008 zum Ausdruck brachte, könnte Sauerland seine Pensionsansprüche, die er als beamteter Lehrer und in seiner ersten OB-Amtszeit erworben hat, nach einem Rücktritt behalten.

Nur ist diese Auffassung sehr umstritten. "Die Rechtslage ist eine andere, und ein Erlass kann die Gesetze nicht ändern", sagt Manfred Wichmann, Chefjurist des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen der SZ. Er hat den Ministerialerlass bereits 2009 als "rechtlich nicht begründbar" abgelehnt. Für ihn ist "beamtenrechtlich völlig klar": Eine Pension bekommt ein Beamter nur, wenn er - wegen Dienstunfähigkeit, aus Altersgründen oder nach einer Abwahl - in den Ruhestand versetzt wird, nicht aber, wenn er auf eigenen Antrag entlassen wird. In diesem Fall verlöre ein Bürgermeister wie Sauerland alle Versorgungsansprüche, nicht nur aus seiner Amtszeit, sondern auch aus seiner Arbeit als Lehrer, sagt Wichmann. Darauf, dass darüber noch nie ein Gericht entschieden hat, weist das Innenministerium selber hin. Wichmann hält das Risiko für groß, dass ein Gericht den Erlass des Ministeriums ablehnt und die Ansprüche zurückgetretener Wahlbeamter für ungültig erklärt: "Wir können niemandem empfehlen, sich darauf einzulassen."

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