Lebensmittelskandal:Milch im Dioxin-Test

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Nach Eiern und Fleisch gerät nun Milch unter Dioxin-Verdacht. Auch Milchbetriebe wurden mit dioxinverseuchtem Tierfutter beliefert und sind gesperrt. Sollten Verbraucher auf Milch und Joghurt verzichten?

Markus C. Schulte von Drach

Noch gibt es keine Informationen darüber, dass tatsächlich mit Dioxin verseuchte Milch auf den Markt gekommen ist. Doch nach Berichten über gesperrte Milchbetriebe fragt sich mancher Verbraucher, ob er nach Eiern nun auch auf Milch und Milchprodukte verzichten - oder auf Bio-Produkte umsteigen sollte.

Von der Dioxin-Dosis, die wir alltäglich aufnehmen, stammt der größte Teil aus der Milch. Nun wurden auch noch Milchbetriebe gesperrt, weil sie dioxinhaltiges Futtermittel bezogen haben. (Foto: dpa)

Testergebnisse liegen bislang lediglich für Eier vor - und sie bestätigen in mehreren Fällen eine erheblich höhere Belastung mit Dioxin, als erlaubt ist. Doch das mit dem Gift belastete Futtermittel wurde offenbar auch in Mastbetrieben für Geflügel, Schweine und Rinder sowie in Milchbetrieben eingesetzt, weshalb nun auch entsprechende Produkte getestet werden.

Um kein Risiko einzugehen, wurden inzwischen bundesweit mehr als 4700 Betriebe gesperrt, die belastetes Mischfutter erhalten hatten. Nach Auskunft des Bundeslandwirtschaftsministeriums handelt es sich vor allem um Schweinemastbetriebe, etwa 4470 betroffene Höfe liegen in Niedersachsen.

Nun hat das Landwirtschaftsministerium von Schleswig-Holstein erklärt, dass bereits seit März 2010 dioxinhaltige Industriefette zu Tierfutter verarbeitet wurden. Seitdem könnten Verbraucher also höhere Dioxinmengen aufgenommen haben. Der Zeitraum ist insbesondere deshalb wichtig, weil das Umweltgift nur langsam abgebaut wird und sich deshalb im Gewebe von Menschen und Tieren anreichert. Und Milch spielt eine besondere Rolle, wenn es um Dioxin geht:

90 bis 95 Prozent des krebserregenden Stoffes, der in der Umwelt allgegenwärtig ist, und des dioxinähnlichen Stoffes PCB nehmen wir über die Nahrung auf. Und unter den Lebensmitteln ist Milch die Hauptquelle. Nach Angaben des Umweltbundesministeriums gehen 42 Prozent dieser alltäglichen Belastung auf Milch zurück, acht Prozent auf Eier, 17 Prozent auf Fisch und 20 Prozent auf Fleischprodukte.

Sollten Milchprodukte also wegen des kontaminierten Futtermittels tatsächlich zusätzlich mit Dioxin belastet sein, könnte dies möglicherweise eine besondere Qualität haben. Zwar hat Milch einen wesentlich geringeren Anteil Fett als Eier - und Dioxin reichert sich im Fett an. Dafür konsumieren wir jedoch größere Mengen von Milch und Milchprodukten, die auch ohne Futtermittelskandal schon den größten Anteil unserer Dioxin-Belastung darstellen.

Auf der anderen Seite jedoch ist nur eine vergleichsweise kleine Zahl von Milchbetrieben betroffen. Molkereien mischen jedoch die Milch etlicher Betriebe, so dass eine in einzelnen Chargen möglicherweise enthaltene Dioxinmenge verdünnt würde. Letztlich scheint das Risiko, über Milch größere Mengen des Giftes aufzunehmen als sonst, eher gering.

Bevor Testergebnisse vorliegen, wollen Experten wie Andrea Bokelmann vom nordrheinwestfälischen Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe zum Risiko durch Milch keine Stellung nehmen. "Das wäre reine Spekulation." Mit ersten Daten rechnet sie Anfang nächster Woche.

Solange müssen Konsumenten mit den Einschätzungen von Fachleuten wie Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg vorlieb nehmen. "Die Milch-Problematik ist nicht zu vergleichen mit der Eier-Problematik", erklärte Valet der dpa. Und der Milchindustrie-Verband (MIV), der natürlich nicht ganz unvoreingenommen sein dürfte, stellt fest: "Nach heutigem Sachstand kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass bei Milch und Milchprodukten auch weiterhin keine erhöhten Dioxingehalte festgestellt werden. Milchviehfutter weist eine vollkommen andere Zusammensetzung auf als Futter für Geflügel, Schweine und andere Tierarten."

Wie bei den Eiern können besorgte Verbraucher, die das Risiko minimieren wollen, auf Biomilch zurückgreifen. Denn auf Biohöfen ist kein Futter zugelassen, das nicht den Richtlinien des ökologischen Landbaus entspricht. Und das ist bei dem betroffenen Futtermittel nicht der Fall.

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