Kriminalität:Schwedens Polizei verheimlichte sexuelle Übergriffe

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  • Die schwedische Polizei hat eingeräumt, Informationen zu sexuellen Übergriffen bei Musikfestivals zurückgehalten zu haben.
  • Es handelte sich um 38 Anzeigen, die Täter sollen ausländischer Herkunft gewesen sein.
  • Auch in Schweden hatte es in der Silvesternacht Übergriffe gegeben.

38 Anzeigen, zwei Vergewaltigungen

Schwedens Polizei hat zugegeben, sexuelle Übergriffe bei Musikfestivals in Stockholm unter den Teppich gekehrt zu haben. Bei den Veranstaltungen im Sommer 2014 und 2015 habe es 38 Anzeigen wegen Sexualdelikten gegeben, darunter zwei Vergewaltigungen, teilten die Behörden am Montag mit.

Nach Informationen der Zeitung Dagens Nyheter, die als Erste über die Fälle berichtete, sollen die meisten Verdächtigen Asylbewerber aus Afghanistan sein. Die Polizei bestätigte dies nicht, sagte aber, in die Vorfälle seien "junge Männer" verwickelt gewesen, die "nicht aus Schweden stammen".

"Wir hätten die Informationen veröffentlichen müssen", sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AFP. Doch tatsächlich hatte die Polizei nach den Festivals jeweils nur mitgeteilt, es habe "angesichts der vielen Teilnehmer relativ wenige Delikte und Festnahmen gegeben". Wie viele Verdächtige tatsächlich festgenommen wurden, sei nie festgehalten worden. Es ist zu keiner Verurteilung gekommen. Wegen der großen Menschendichte, berichtet Dagens Nyheter weiter, seien die Ermittlungen schwierig gewesen.

Die Staatsanwaltschaft hat der Zeitung zufolge jetzt unter anderem einen 15-Jährigen angeklagt, der im Verdacht steht, auf dem Festival zwei Mädchen belästigt zu haben. Der Junge selbst sagt, es läge eine Verwechslung vor.

Der Regierungschef zeigt sich empört

Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven reagierte erbost auf die Enthüllung. Er empfinde eine "große Wut", dass junge Frauen nicht auf ein Musikfestival gehen können, "ohne belästigt oder angegriffen zu werden". Dass die Polizei die Vorfälle unter den Teppich gekehrt habe, sei "ein Problem der Demokratie für unser Land".

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Zur Fehlinformation der Öffentlichkeit durch die Polizei sagt Jäger: Es habe aus seinem Ministerium keine Anweisung gegeben, den "Status von Tatverdächtigen und Störern zu verschweigen".

Von Bernd Dörries, Düsseldorf, und Barbara Galaktionow

Vor Kurzem waren aus der südschwedischen Stadt Kalmar sexuelle Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht bekanntgeworden. Dabei sollen Männergruppen ähnlich wie in Köln Frauen eingekreist und angefasst haben - allerdings war die Zahl der Übergriffe dort deutlich geringer. Zu den Geschehnissen in der Silvesternacht in Köln sind bei der Polizei mittlerweile mehr als 500 Anzeigen eingegangen. Einige Tatverdächtige unter anderem aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum wurden identifiziert. Die Polizei hatte das Ausmaß der Gewalt zunächst zurückgehalten.

© SZ.de/ap/afp/bepe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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