Interview am Morgen:"Wenn mir einer blöd kommt, dem würde ich eine schmieren"

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Sexismus im Karneval: "Es darf nicht beleidigend werden oder persönlich." (Foto: dpa; Bearbeitung SZ)

Karneval nach #metoo: Die Präsidentin eines Bonner Damenkomitees erzählt, wie sie mit ungewollten Annäherungen in der närrischen Zeit umgeht und über welche Altherrenwitze sie immer noch lachen kann.

Von Anna Fischhaber

Ina Harder ist Präsidentin vom Alten Beueler Damenkomitee und absolviert an Karneval 150 Auftritte in Bonn und Umgebung. 1824 wollten die Beueler Waschfrauen den Karneval nicht mehr den Männern überlassen. Statt daheim zu arbeiten, während die Männer feierten, trafen sie sich zum närrischen Kaffeeklatsch. Bald kam der Sturm aufs Rathaus dazu.

SZ: Was ist von dem damaligen Emanzipationsgedanken heute noch übrig?

Ina Harder: In Bonn-Beuel wird der Karneval immer noch hauptsächlich von Frauen gemacht. Wir haben 18 Damenkomitees und eine Prinzessin, die alleine regiert. Die hat keinen Prinzen an ihrer Seite, und die braucht auch keinen.

Erleben Sie als Frau auch unangenehme Dinge an Karneval?

Bei mir traut sich keiner was. Aber natürlich höre ich immer wieder von Verfehlungen, die nicht so prickelnd sind. Da wird ein Mädchen ungewollt gebützt und schmiert dem Jungen dann eine. Ist ja auch richtig so. Nein heißt Nein. Und wenn ein Nein nicht akzeptiert wird, kann man das ruhig mal energischer durchsetzen. Wenn mir einer blöd kommt, dem würde ich eine schmieren.

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Wie gehen Sie mit dem allgegenwärtigen Altherrenwitz um? Man hat doch das Gefühl: Keine Büttenrede ohne das Klischee von der Frau, die zu viel redet.

Ich kann über so was schmunzeln. Wir ziehen auf unseren Sitzungen ja auch die Männer durch den Kakao. Diesmal ging es darum, wie unterschiedlich Mann und Frau duschen und warum Männer nie sauber werden. Wir sind auch ein bisschen sexistisch.

Bei der Fastnacht in Franken wurde die 24 Jahre ältere Frau des französischen Präsidenten, Brigitte Macron, als "gut eingefahr'ner Schlitten" und "gut abgehang'ne Dame" bezeichnet. Können Sie über so was auch lachen?

Nein. Wenn dem Redner nichts anderes einfällt, um das Publikum zum Lachen zu bringen, tut mir das eher leid. Natürlich ist Karneval immer ein wenig derb, mit Zweideutigkeiten wird gerne gespielt. Ich haue schon auch mal einen Klopper raus, aber es gibt Grenzen. Es darf nicht beleidigend werden oder persönlich.

In Düsseldorf gab es gerade einen Skandal um eine Stripperin bei der Herrensitzung. Bei vielen Vereinen ist das wohl üblich. Wie finden Sie das?

Ich möchte das beim Karneval nicht haben. In Beuel hat sich das inzwischen auch durchgesetzt. Anfangs hatte ich hier eine Mädchensitzung, auf der sich ein Stripper ausgezogen hat. Aber irgendwann war der Drops auch gelutscht. Das ist ja heute auch nix Dolles mehr, wenn sich jemand erotisch auszieht. Bestimmt gibt es immer noch die eine oder andere Herrensitzung, die ohne Stripperin nicht auskommt. Aber das liegt dann vielleicht daran, dass das restliche Programm so schlecht ist.

Wie sieht es aus mit dem Funkenmariechen oder Tanzmariechen, denen unter den kurzen Rock geschaut wird. Ist das noch zeitgemäß?

Ich sehe hier eher die Leistung, die die Mädchen bringen. Das ist mit hartem Training verbunden, die haben zehn Auftritte am Abend. Das ist Hochleistungssport.

Manche stellen sogar das Bützchen in Frage.

Bützen gehört zum Karneval dazu, aber nur auf die Wange. Früher war es üblich, jemanden auf den Mund zu küssen. Und Bützen macht sowieso nur dann Spaß, wenn der Gegenüber nicht gerade ein Mettbrötchen mit Zwiebeln gegessen hat.

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