Flugzeugabsturz in Frankreich:Piloten sollen auf Alkohol und Drogen getestet werden

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Vorschläge einer EU-Expertengruppen sollen für mehr Sicherheit in europäischen Cockpits sorgen. (Foto: dpa)
  • Als Konsequenz aus dem Absturz der Germanwings-Maschine sollten sich alle Piloten nach Ansicht von Fachleuten einer psychologischen Untersuchung unterziehen.
  • Zudem sollten Details zu Arztbesuchen in einer europaweiten Datenbank gespeichert werden.
  • Stichprobenartige Alkohol- und Drogentests bei Piloten sollen helfen, Mitarbeiter mit Problemen schon frühzeitig zu erkennen.

Die Konsequenzen aus dem Germanwings-Absturz

Der von Copilot Andreas Lubitz bewusst herbeigeführte Absturz einer Germanwings-Maschine in den französischen Alpen beschäftigt eine Expertengruppe unter der Führung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA). Die Mitglieder haben sich als Konsequenz aus dem Unglück dafür ausgesprochen, dass sich alle Piloten einer psychologischen Untersuchung unterziehen müssen.

Am 24. März dieses Jahres hatte der Copilot einer Germanwings-Maschine auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf zunächst seine Kollegen aus dem Cockpit ausgesperrt und anschließend das Flugzeug absichtlich in ein Felsmassiv gesteuert. An Bord waren 150 Menschen, unter ihnen 72 Deutsche - keiner überlebte. Der 27-jährige Copilot der Maschine hatte offenbar unter Depressionen gelitten. Mehrfach war er deshalb in Behandlung gewesen, den französischen Ermittlern zufolge suchte Andreas L. binnen fünf Jahren 41 Ärzte auf. Seine Arbeitgeber ließ er darüber in Unkenntnis.

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Die Experten fordern mehr Tests

Damit in Zukunft derartige Katastrophen verhindert werden können, haben die Experten nun Vorschläge für den Umgang mit europäischem Flugpersonal in einem Bericht zusammengestellt. "Dieser Bericht ist das Ergebnis einer tief gehenden Analyse mit praktischen Empfehlungen, damit sich eine solche Tragödie nicht mehr ereignet", sagte der Leiter der europäischen Flugsicherheitsbehörde EASA, Patrick Ky. Das Fazit der Gruppe: mehr psychologische Untersuchungen, mehr Tests auf Alkohol und Drogen und gut ausgebildete Flugmediziner. Das Papier soll als Grundlage für spätere Empfehlungen an die Flugbranche und für mögliche Gesetzesänderungen dienen.

Konkret fordern die Fachleute: generelle psychologische Untersuchungen für künftige Berufspiloten: "Derzeit gibt es angehende Berufspiloten, die für ihre Ausbildung niemals eine psychologische Bewertung absolvieren", bemängeln sie. Damit Probleme frühzeitig erkannt werden, sollen Qualifikation und Leistung von Fliegerärzten künftig besser überprüft werden.

Um Medizin-Tourismus entgegenzuwirken, sollen Grunddaten zu bestimmten Untersuchungen für ganz Europa zusammengeführt werden. Dabei soll es vorerst nur um Personendaten von Pilot und Arzt, aber nicht um medizinische Informationen gehen.

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Von Thomas Harloff

Schon im März empfahl die EASA, dass immer wenigstens zwei Crew-Mitglieder im Cockpit eines Flugzeugs sein sollten. Dies soll tödliche Alleingänge eines Piloten verhindern helfen. Sobald sich also einer der Piloten aus der Kanzel entfernt, muss ein anderes Flugmitglied so lange ins Cockpit, bis der Pilot wieder zurückkommt. Der aus dem Cockpit ausgesperrte Germanwings-Flugkapitän hatte vor dem Absturz noch verzweifelt versucht, die Tür zu öffnen - ohne Erfolg.

Alkohol- sowie Drogentests bei Piloten sollen in Zukunft ebenfalls stichprobenartig und bei besonderen Anlässen durchgeführt werden. Piloten, die Probleme selbst melden sollen von ihren Arbeitgebern unterstützt werden.

Die EU-Kommission prüft den Bericht

Der Germanwings-Mutterkonzern Lufthansa lobte die EU-Empfehlungen zur Flugsicherheit. Die in Brüssel vorgestellten Vorschläge stünden im Einklang mit den Ergebnissen der deutschen Expertengruppe von Bundesregierung und dem Luftverkehrsverband BDL. Einzelne Punkte wie zum Beispiel die Anlaufstellen für Crewmitglieder seien bei Lufthansa bereits seit vielen Jahren etabliert, erklärte das Unternehmen.

Der Bericht wird nun von der EU-Kommission geprüft, die über eine Änderung von Vorschriften entscheiden müsste. "Sollten Verbesserungen an den europäischen Sicherheitsregulierungen nötig sein, um Unglücke und andere Vorfälle zu verhindern, dann werden wir in der Europäischen Union die notwendigen Maßnahmen treffen", sagte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc.

© sz.de/afp/dpa/rtr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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