Flüchtlinge:Augenzeugen bestätigen Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer

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Diese Flüchtlinge hatten Glück, sie wurden noch rechtzeitig von der italienischen Marine gerettet. (Foto: dpa)
  • Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat Gerüchte bestätigt, wonach Ende vergangener Woche ein Schiff mit Hunderten Migranten untergegangen ist.
  • Im griechischen Kalamata haben UNHCR-Mitarbeiter Augenzeugen interviewt. Ihren Angaben zufolge könnten bis zu 500 Menschen ertrunken sein.

Bei einer der schlimmsten Flüchtlingstragödien der vergangenen Jahre sind im Mittelmeer möglicherweise bis zu 500 Menschen ertrunken. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR bestätigte unter Berufung auf Augenzeugen seit Montag kursierende Berichte, wonach zwischen Libyen und Italien ein Schiff mit Hunderten Migranten untergegangen

Flüchtlinge
:Hunderte Tote bei Bootsunglück im Mittelmeer befürchtet

Flüchtlingsboote sollen auf dem Weg von Nordafrika nach Europa gekentert sein. Die Rede ist von 300 bis 400 Opfern.

Dem UNHCR zufolge soll sich das Unglück in der vergangenen Woche ereignet haben. Bereits Anfang der Woche waren Berichte über die Katastrophe aufgetaucht, allerdings hatten zunächst weder die Küstenwache Italiens oder Griechenlands noch Hilfsorganisationen den Schiffbruch bestätigen können. Am Dienstag gelang es UNHCR-Mitarbeitern in Kalamata mit Überlebenden zu sprechen und Informationen zu sammeln. Demnach könnte es sich "um eine der schlimmsten Flüchtlingstragödien der letzten zwölf Monate handeln", hieß es in einer Mitteilung.

BIs zu 500 Menschen könnten ertrunken sein

Die Überlebenden, die auf einem anderen Boot unterwegs waren, waren den Erzählungen nach in der vergangenen Woche vom libyschen Tobruk aus auf einem etwa 30 Meter langen Holzboot in Richtung Italien aufgebrochen. Insgesamt sollen 100 bis 200 Menschen an Bord gewesen sein. "Nach einiger Zeit auf See sollten sie auf ein größeres Schiff umsteigen, auf dem bereits andere Menschen waren", sagte UNHCR-Sprecherin Barabara Molinario. "Das andere Boot war jedoch völlig überfüllt und ist während des Umsteigens gekentert." Dabei seien nach Aussage der Interviewten bis zu 500 Menschen ertrunken.

Die 41 Augenzeugen - 37 Männer, drei Frauen und ein dreijähriges Kind aus Somalia, Äthiopien, Ägypten und dem Sudan - überlebten nur, weil sie noch nicht auf das andere Boot umgestiegen waren oder zu dem kleineren Boot zurückschwammen. Anschließend trieben sie nach UNHCR-Angaben mehrere Tage auf See, bevor ein Handelsschiff sie rettete und am Samstag nach Griechenland brachte. Wo das größere Schiff gestartet war, woher die Opfer stammten und wo genau sich das Unglück ereignet hatte, blieb zunächst unklar.

Vor einem Jahr starben bei einem Unglück 800 Menschen

Bei gutem Wetter wagen derzeit viele Flüchtlinge die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer von Nordafrika nach Italien. Immer wieder kommt es dabei zu Katastrophen, wenn voll besetzte Schiffe auf hoher See kentern und die Passagiere ertrinken. Vor fast genau einem Jahr kamen bei dem bislang wohl schlimmsten Unglück im Mittelmeer bis zu 800 Menschen ums Leben. Nach Angaben eines Überlebenden sollen sogar bis zu 950 Menschen an Bord gewesen sein. Mehr als 140 Leichen wurden bislang geborgen, 28 Menschen überlebten das Unglück.

Derzeit versuchen Spezialkräfte, das Wrack, das in fast 400 Metern Tiefe liegt, zu heben. Es soll nach Augusta auf Sizilien gebracht werden, um dort die im Inneren des Schiffes eingepferchten Leichen zu bergen. Dies soll vermutlich noch vor Monatsende geschehen.

© Sz.de/dpa/jly - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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