Finanzierung der Kirchen:Sponsored by Steuerzahler

Seit mehr als 200 Jahren werden die Kirchen fürstlich für Enteignungen entschädigt. Auch für die Gehälter mancher Bischöfe kommen nicht nur Kirchenmitglieder, sondern alle Steuerzahler auf. Warum der Fall Tebartz-van Elst gerade jene angeht, die nicht katholisch sind.

Ein Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Schon mal darüber nach gedacht, wer den bayerischen Bischöfen eigentlich das Gehalt bezahlt? Die Antwort wird Sie vielleicht überraschen. Sie zahlen es, ja, genau: Sie. Ach, Sie sind gar nicht in der katholischen Kirche? Sie sind überhaupt nicht in irgendeiner Kirche? Nun, die Antwort bleibt dieselbe. Sie zahlen.

Von Ihrem Steuergeld wandert ein Teil auch an die Kirchen. 475 Millionen Euro waren es 2012. Eine knappe halbe Milliarde Euro ist es also, die Jahr für Jahr in die Schöße der Kirchen wandert. Und das vor allem deshalb, weil vor etwas mehr als 200 Jahren die Kirchenfürsten einen - aus heutiger Sicht - verdammt guten Deal mit den weltlichen Herrschern im ausgehenden Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation geschlossen haben, den Reichsdeputationshauptschluss von 1803.

In jedem Bundesland gelten heute andere Regeln. In manchen kommen die Gehälter der Geistlichen aus der Staatskasse. In anderen fließen von dort Zuschüsse zum Erhalt der Gotteshäuser. In wieder anderen werden sogar die Schuhe und die Mitra des Bischofs vom Staat bezahlt. Alles sponsored by Steuerzahler.

Damals, 1803, wurden im Rahmen der Säkularisation die Kirchen von Ländereien, Gebäuden und Vermögen enteignet. Im Gegenzug wurden ihnen Entschädigungszahlungen zugebilligt. Und die werden gezahlt. Bis heute.

Konzernähnliche Strukturen in der Caritas

Mehr als zwei Million Euro bekommt etwas das Bistum Limburg von Bischof Tebartz-van Elst vom Land Hessen überwiesen. Alles Steuergeld. Verwendungsnachweise sind nicht vorgesehen. Die Kirche kann mit dem Geld machen, was sie will.

Der Fall Tebartz-van Elst ist schon deswegen keine innerkirchliche Angelegenheit. Er geht jeden Steuerzahler an. Auch wenn Tebartz-van Elst die 31 Millionen für seinen Prunkbau angeblich aus dem Bistums-Vermögen abgezweigt hat.

Geheuchelte Gesprächsbereitschaft

Natürlich, die Kirche verbittet sich Einmischung von außen. So macht sie das immer. Sie betreibt Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser. Fast alles dort wird aus Steuermitteln oder aus den Kassen der Sozialversicherungen bezahlt, zum Teil bis zu 100 Prozent. Das ist auch zunächst völlig in Ordnung so.

Das Problem ist: Die Kirchen verwenden für ihre sozialen Dienste zwar kaum eigene Mittel. Aber wie ihre Mitarbeiter bezahlt werden, ob sie streiken dürfen, welche Rechte sie haben - das bestimmen die Kirchen selbst. Nein, da darf ihnen niemand reinreden. Den Gläubigen ist das schon schwer zu vermitteln. Eine konfessionslose Erzieherin findet in manchen ländlichen Gebieten allein deshalb keinen Job, weil es dort ausschließlich konfessionsgebundene Kindergärten gibt.

Wer die Musik bezahlt, der sagt auch, was gespielt wird? Geht es um Kirchenbelange, dann gilt dieser Satz nicht.

Ja, die Kirche darf, soll, sie muss sich sozial engagieren. Aber glaube doch bitte keiner, dass die Caritas auch nur ein Krankenhaus betreibt, das sich wirtschaftlich nicht rechnet. Caritas und Diakonie haben längst konzernähnliche Strukturen ausgebildet. Selbst die Sachbearbeiterin für das Freiwillige Soziale Jahr bekommt ihr Geld letztlich vom Staat, weil der das FSJ finanziert. Das ist kein Verbrechen. Auch freie Wohlfahrtsträger arbeiten so. Aber die greifen auch nicht tief in das Privatleben ihrer Mitarbeiter ein, wie es die Kirchen als der nach dem Staat größte Arbeitgeber in diesem Land tun.

Unübersehbare Kosten

Kirchen sollen Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen betreiben. Dann kann dort gerne in jedem Zimmer ein Kreuz hängen und Nonnen sollen ihren Dienst tun. Aber der immer wieder vollzogene Rausschmiss von geschiedenen, wiederverheirateten Krankenschwestern, Ärzten, Kindergärtnerinnen und Lehrern bleibt ein alltäglicher Skandal.

So wie die anhaltenden Entschädigungszahlungen ein Skandal sind. Die Kirchen sind juristisch im Recht. Warum sollten sie auch freiwillig auf die Milliarden verzichten, die ihnen Muslime, Juden und Atheisten über ihre Steuerschuld eher unfreiwillig zukommen lassen? Die Antwort wäre einfach: Weil es ihre moralische Pflicht wäre.

Nach 200 Jahren dürften die Enteignungen mehr als kompensiert sein. Das Grundgesetz sieht ausdrücklich vor, dass die Zahlungen nicht ewig weitergehen können. 2010 gab es zwischen Kirchen und Ländern erste Gespräche in diese Richtung, sie scheiterten.

Die Kirchen heucheln ihre Gesprächsbereitschaft bisher nur vor. In Wahrheit wollen sie nur noch mehr Geld. Eine Abfindung für die entgangenen Einnahmen, wenn sie einer Aufhebung des Reichsdeputationshauptschlusses zustimmen. Das Geld für 25 Jahre auf einen Schlag, das war die Forderung. Macht zwölf Milliarden Euro. Unbezahlbar.

Darum zahlen die Länder, die vor allem in der Pflicht sind, brav immer weiter. Jahr für Jahr. Damit sich der Bischof einen 7er BMW als Dienstwagen leisten kann. Falls einer die Stelle in der Bibel findet, die dies rechtfertigt, möge er sich bitte melden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: