Blutbad von Winnenden:Vater des Amokläufers kommt vor Gericht

Der Vater von Tim K. muss sich vor Gericht verantworten - jedoch nur wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Die Hinterbliebenen der Opfer sind enttäuscht.

Der Vater des Amokläufers von Winnenden kommt vor Gericht. Das Landgericht Stuttgart hat die Anklage der Staatsanwaltschaft zugelassen. Der 51-jährige Unternehmer muss sich aber nicht wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verantworten, sondern nur wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz - zur Enttäuschung der Hinterbliebenen der Opfer. Konkret wird dem 51-Jährigen die fahrlässige unerlaubte Überlassung einer Schusswaffe und von Munition vorgeworfen.

Schützenverein, Amoklauf von Winnenden, ddp

Das ist das Gebäude des Schützenvereins, in dem Tim K. und sein Vater Mitglieder waren. Die Tatwaffe lag unverschlossen im Zimmer des Vaters.

(Foto: Foto: ddp)

Mit der Beretta-Sportpistole seines Vaters hatte der 17 Jahre alte Tim K. am 11. März 2009 an seiner ehemaligen Schule in Winnenden zwölf Menschen getötet und elf weitere verletzt. Auf der Flucht durch Winnenden und Wendlingen tötete er anschließend noch drei Männer, bevor er sich selbst das Leben nahm.

Laut dem Gericht hatte der angeklagte Vater die Tatwaffe entgegen der gesetzlichen Aufbewahrungsvorschriften nicht im verschlossenen Waffentresor im Keller seines Hauses, sondern in einem Kleiderschrank im Schlafzimmer unter Kleidung verborgen aufbewahrt.

Das mit zehn Patronen geladene Magazin habe er in seiner Nachttischschublade - versteckt in einem Handschuh - verwahrt. Ein weiteres Magazin steckte demnach in seiner frei zugänglich im Keller abgestellten Sportschützentasche.

Geteilte Leidenschaft für Waffen

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, die Tat seines Sohnes durch die vorschriftswidrige Verwahrung der Sportpistole und der Munition ermöglicht zu haben. Er habe bewusst gegen Aufbewahrungsvorschriften verstoßen in der Meinung, nur ihm seien die Verstecke bekannt. Dabei habe er die Gefahr verkannt, dass sein Sohn - der die Waffenleidenschaft des Angeklagten teilte - die Verstecke auskundschaften könnte.

Eine Verurteilung des Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung sei dagegen "nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit" zu erwarten, stellte die Jugendkammer fest. Ein Termin für die Hauptverhandlung steht noch nicht fest.

Prozess soll wachrütteln

Die Hinterbliebenen der Opfer zeigten sich am Donnerstag enttäuscht. Ihr Anwalt Jens Rabe sagte der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart: "Die Angehörigen begrüßen, dass die Anklage zugelassen wurde, bedauern aber, dass das Hauptverfahren bezüglich der Vorwürfe fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung nicht zugelassen wurde."

Ursprünglich wollte die Staatsanwaltschaft Stuttgart den Fall mit einem Strafbefehl gegen den Vater beenden. Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger ordnete im November 2009 aber an, eine Klage zu erheben. Der Prozess solle wachrütteln, betonte er.

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