Wolfratshausen:Investor für Gesundheitszentrum springt ab

Lesezeit: 3 min

Die Münchner Schütz-Gruppe lässt das Projekt nach heftiger Kritik fallen. Die Bürgerinitiative feiert die Rettung der uralten Baumhasel. Doch Klinik und Kreis bleiben bei ihren Neubau-Plänen für eine Tagesklinik.

Von Konstantin Kaip und Klaus Schieder, Wolfratshausen

Das Projekt ist nicht gestorben, schwebt aber womöglich in Lebensgefahr: Für die psychiatrische und psychosomatische Tagesklinik im Park der Wolfratshauser Kreisklinik gibt es keinen Investor mehr. Die Münchner Schütz-Gruppe sei nach der öffentlichen Kritik an dem Vorhaben abgesprungen, teilte Klinik-Geschäftsführer Hubertus Hollmann am Mittwoch im Kreistag mit. "Die war nicht gerade förderlich." An den Plänen für das Gesundheitszentrum mit Tagesklinik und einer privaten Intensivpflegestation für dauerbeatmete Patienten hält er dennoch fest. An der Ausgangslage habe sich nichts geändert, so Hollmann. Die Kliniken der Bezirks Oberbayern (KBO) seien als Kooperationspartner nach wie vor mit im Boot, auch der Betreiber der Beatmungsstation habe nach wie vor Interesse.

Der Landkreis hatte das Grundstück im Sommer vergangenen Jahres der Schütz-Gruppe in Erbpacht überlassen. Die auf das Gesundheitswesen spezialisierte Baufirma mit Sitz in München und Berlin wollte dort ein Gesundheitszentrum errichten und Räume an die Tagesklinik des Bezirks und die Betreiber der Beatmungsstation, sowie an Arztpraxen vermieten. Gegen den Neubau hatte sich eine Bürgerinitiative gegründet. Sie stemmt sich gegen eine Fällung der mächtigen Baumhasel im Klinikpark, die dem Neubau weichen müsste. Das kommunale Krankenhaus hat auf seinem Gelände zwar noch rund 650 Quadratmeter Grünfläche, aber dort befindet sich der Hubschrauber-Landeplatz. Der sei sakrosankt, sagte Landrat Josef Niedermaier (FW). Im Kreistag äußerte er Verständnis für die Entscheidung der Schütz-Gruppe. "Es ist klar, dass ein Investor, dem öffentliche Ablehnung entgegenschlägt, sein Engagement überdenkt und sich zurückzieht." Die Schütz-Gruppe äußert sich auf Nachfrage nicht zum Thema.

Der Erbpachtvertrag ist laut Hollmann bereits aufgelöst. Seitdem habe es sowohl mit der KBO als auch mit der Firma, die in dem Haus eine außerklinische Wohngemeinschaft für Beatmungspatienten betreiben wolle, Gespräche gegeben, sagt der Klinik-Chef. "Beide wollen das verwirklichen." Statt als Mieter sollen sie jedoch am Bau selbst beteiligt werden. Mit der Schütz-Gruppe falle im Prinzip nur ein "Zwischenglied weg", sagt Hollmann. "Wir werden mit den Partnern, die wir sowieso im Boot haben, direkt das Projekt realisieren", erklärt der Geschäftsführer. Der genaue Modus sei zwar noch "in der Abwicklung". Es gebe jedoch schon einen "potenziellen Partner" für einen neuen Erbpachtvertrag. Nun müsse der neue Vertrag für das Erbbaurecht möglichst schnell abgeschlossen werden. Dazu bedürfe es eines neuen Kreistagsbeschlusses.

Hollmann betont, wie wichtig beide Einrichtungen auf dem Gelände der Wolfratshauser Kreisklinik seien. Die psychiatrische und psychosomatische Tagesklinik sei mit dem Bezirk "krankenhausplanerisch abgestimmt". Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, bislang ein "weißer Fleck im Bereich Psychosomatik und Psychiatrie", benötige die Einrichtung dringend. Und für die gerade erst neu aufgebaute so genannte Weaning-Station der Klinik, einer Spezialabteilung der Pneumologie für Beatmungspatienten, sei die geplante private Beatmungs-WG in unmittelbarer Nähe, ein wichtiger "zweiter Anker".

Dass der Neubau in dem Klinikpark für die Zukunft des Kreiskrankenhauses unerlässlich sei, haben Klinikleitung und Landrat immer wieder betont. Zunächst sollte dort ein Ärztehaus entstehen, von dem man sich Synergieeffekte versprach. Das Konzept wurde dann jedoch wieder verworfen. "Was wir uns vor fünf Jahren ausgedacht haben, hat sich so nicht verwirklichen lassen", sagt Hollmann. Mit der Zusage für die psychiatrische Bezirksklinik und die private Beatmungsstation wurde aus dem Projekt ein "Gesundheitszentrum". Das will auch Landrat Niedermaier nach wie vor verwirklichen. Für Wolfratshausen als Standort der Tagesklinik habe man lange gekämpft, "er ist auch der richtige". Zugleich warnte er, dass der Bezirk auch über andere Varianten nachdenken könne, "wenn es immer wieder Torpedierungen gibt". Dem widersprach Kreisrat Matthias Richter-Turtur (FUW). Die Tagesklinik sei eine hervorragende Sache, aber es sei fraglich, ob man dafür den Baum umsägen müsse. Die Wolfratshauser Bürgerinitiative wertet den Ausstieg der Schütz-Gruppe als Sieg. "Ein sehr umstrittenes Bauvorhaben, das der Landrat auf Biegen und Brechen durchsetzen wollte (...) ist gescheitert", meldet deren Sprecher Hermann Böcking. "Die ehrwürdige Baumhasel" sei gerettet. Niedermaier widerspricht: "Gerettet ist da nichts", sagt er, weist aber auf den geänderten Raumbedarf hin. "Wenn ein Planer das anders lösen kann, werden wir nicht im Weg stehen."

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: