Tagung mit Floßfahrt:Lebendig wie nirgends sonst

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Die Gäste des Flößertags fahren von Wolfratshausen auf der Isar nach München. Sie sind begeistert, wie sehr die Tradition des einst wichtigen Berufs hier noch gepflegt wird.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen/Straßlach

Die Gesellschaft, die am Freitagmittag in Mühltal auf einem Floß der Familie Seitner anlandet, ist bunt: Manche tragen Tracht, andere T-Shirts mit der Aufschrift ihrer Vereine, man sieht viele Hüte mit Anstecknadeln, aber auch Seemannskappen. Die Leute kommen aus dem Schwarzwald, aus Hessen, Niedersachsen oder Thüringen. Aber so unterschiedlich sie sind, es vereint sie eine gemeinsame Leidenschaft: die Flößerei. Die gut gelaunten Damen und Herren sind Gäste des 30. Deutschen Flößertags, der derzeit in Wolfratshausen stattfindet. Am Freitagmorgen sind sie dort auf zwei Flöße gestiegen. Das erste hat nun am Isarkanal in Mühltal angelegt. Zusammen mit Bürgermeister Klaus Heilinglechner, ebenfalls mit Hut und in Tracht, und Tourismusmanagerin Gisela Gleißl gehen die Gäste an Land, um im Gasthaus Zur Mühle eine Mittagspause einzulegen, bevor es auf die längste Floßrutsche Europas geht.

Unter ihnen ist ein Mann mit schwarzem Hut und weißem Bart, den das Plastikschild um seinen Hals als Martin Spreng ausweist. Spreng ist von der Flößerzunft Oberes Nagoldtal im Schwarzwald und Zweiter Vorsitzender der Deutschen Flößereivereinigung, des Dachverbands der Flößervereine. Am Samstagvormittag wird er bei der Mitgliederversammlung den Vorsitzenden Hans-Walter Keweloh ablösen, der sein Amt niederlegt. "Das ist etwas Besonderes", sagt Spreng zum Flößertag in Wolfratshausen. "Hier ist die Flößerei noch lebendig. In dem Maß wie hier gibt es sie in keiner anderen deutschen Stadt mehr." Ihre Tradition jedoch erstreckt sich über ganz Deutschland: Von der Isar über die Saale bis an die Weser - fast überall, wo geflößt wurde, halten heute Vereine die Erinnerung an den einst so wichtigen Beruf aufrecht.

Der Dachverband habe die Flößerei wieder ans Licht der Öffentlichkeit gebracht, sagt Spreng, der auch historischer Berater für die Filme "Die Holzbaronin" und "Das kalte Herz" nach dem Hauff-Märchen über die Schwarzwaldflößer war. Die Flößerei sei die Basis für die Entwicklung der großen Städte gewesen, die für ihre Bauten Holz benötigten, betont Spreng. Auch wenn die goldene Ära der Flößer lange vorbei ist: Die Gespräche an den Tischen machen deutlich, dass es noch in vielen Teilen Deutschlands Floßfahrten gibt, wenn auch nicht so viele wie auf der Isar. Und dass die Flößereivereine eine eingeschworene Gemeinschaft sind. Dann saust das Floß die Rutsche hinunter. Die Gischt spritzt, die Gäste lachen, manche lüften ihre Hüte und jauchzen.

© SZ vom 20.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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