Geretsried:So lief die Mitarbeiterversammlung bei der Großmetzgerei Sieber

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Die Kollegen sind erschüttert, doch sie machen dem früheren Chef keine Vorwürfe. Insolvenzverwalter Josef Hingerl versucht, Optimismus zu verbreiten.

Von Benjamin Engel, Geretsried

Fast drei Wochen mussten die Mitarbeiter der Großmetzgerei Sieber zu Hause bleiben, am Montag sind zumindest die Festangestellten in die Werkshallen an der Böhmerwaldstraße zurückgekehrt - aber nur ganz kurz: Die Betriebsversammlung des Insolvenzverwalters Josef Hingerl war schon nach nicht einmal einer Stunde beendet. Die Stimmung war zunächst mies. Die 50 Mitarbeiter seien erschüttert gewesen, sagt Hingerl anschließend. Sie hätten ihrem früheren Chef Dietmar Schach aber keine Vorwürfe gemacht, sondern sich sogar bei ihm bedankt. Niemand habe von sich aus gekündigt. Jetzt wollten sie nach dem Skandal um Listerien in der Wurst, Produktionsverbot und der Insolvenz wissen: "Wie geht es weiter?"

Hingerl versucht, Optimismus zu verbreiten. Er will alles versuchen, damit in Geretsried wieder Wurst und Wammerl hergestellt werden - und zwar möglichst bald. "Wir wollen den Tanker wieder flott machen", sagt er. Zunächst seien die Voraussetzungen zu schaffen, um die Produktion wieder aufnehmen zu können. Als Sachverständiger soll der dänische Professor Dieter Elsser-Gravensen ein Konzept erarbeiten. Er reist am Mittwoch eigens nach Geretsried an und soll ausarbeiten, wie eine listerienfreie Produktion gewährleistet werden kann.

Ebenfalls am Mittwoch soll es Gespräche mit Landrat Josef Niedermaier (FW) und den Gesundheitsbehörden geben. Parallel verhandelt Hingerl weiter mit Lieferanten und der Hausbank von Sieber, schließlich müsste die Produktion zwischenfinanziert werden. In dieser alles entscheidenden Frage kann der Insolvenzverwalter jedoch keine Erfolge vermelden - er spricht lediglich von positiven Signalen.

Einen Zeitplan gibt es schon: Die verbleibenden zwei Wochen im Juni soll das Hygienekonzept erstellt und - falls es von den Behörden abgesegnet wird - in den Werkshallen umgesetzt werden. Hingerl schließt aus, dass der Betrieb dafür neue Maschinen anschaffen muss. Im Juli könnte eine Probeproduktion folgen. Diese müsste über Wochen laufen, da die Produkte bis zum Ende ihrer Haltbarkeitsdaten überprüft würden. Hingerl glaubt, dass die Kunden wieder zu Sieber greifen, obwohl der Ruf derzeit ruiniert sei. Die Menschen in der Region hätten die Produkte zuvor sehr geschätzt. Ein Pluspunkt könnte nach dem Skandal sein, dass die Waren dann die am besten kontrollierten Lebensmittel in Deutschland seien.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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