Volles Risiko:Party-Camper brachten auch Retter in Gefahr

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Die fünf jungen Österreicher müssen den Einsatz an der Walchen bezahlen - die Kosten betragen mehrere tausend Euro.

Von Klaus Schieder, Lenggries

Der Einsatz war selbst für die geübten Kräfte der Wasserwacht alles andere als ungefährlich. Um die fünf jungen Österreicher zu retten, die in der Unwetternacht zum Sonntag verbotenerweise an der Walchen im Sylvensteingebiet gezeltet und gegrillt hatten, mussten sie mit Booten über den stark angeschwollenen Fluss übersetzen.

Möglich ist eine solche Überfahrt nur mit einer Seilverbindung zwischen beiden Ufern, die aber erst einmal gezogen werden muss. "Einer muss immer durch", sagt Ingo Roeske, technischer Leiter der Kreiswasserwacht. Anders ausgedrückt: Ein Wasserwachtler muss sich durch den reißenden Fluss ans andere Ufer kämpfen, damit das Seil gespannt werden kann. Für die Helfer ist eine solche Rettungsaktion riskant. "Klar, es ist gefährlich", sagt Roeske - auch wenn alle Einsatzkräfte im Landkreis im Strömungsschwimmen ausgebildet sind. Sonst wären am Sonntagmorgen auch nicht so viele Wasserretter an Ort und Stelle gewesen.

Für die jungen Österreicher dürfte die Aktion teuer werden. Neben einem Bußgeld werden für die drei Männer und zwei Frauen im Alter von 24 bis 29 Jahren wohl mehrere tausend Euro pro Person für den Einsatz fällig. Von Innsbruck aus hatte sich die Gruppe am Samstagnachmittag auf den Weg an die Walchen gemacht. In dem Naturschutzgebiet stellten sie ihre Zelte auf und machten Feuer, beides ist dort strikt verboten. Danach feierten sie eine Party, auf der laut Polizei auch Alkohol floss. In der Nacht wurden sie von einem Gewitter mit Starkregen erfasst, der die Walchen rasch in einen reißenden Fluss verwandelte, der ihre Zelte und Teile der Ausrüstung fortschwemmte.

Lenggries
:Party-Nacht endet in einem Großeinsatz der Rettungskräfte

Fünf junge Österreicher campen und grillen trotz Verbots an der Walchen. Doch in der Nacht bricht ein Unwetter über sie herein.

Von Klaus Schieder

Auf ihren Notruf hin wurden die Bezirksleitzentrale Innsbruck und die Integrierte Leitstelle Weilheim verständigt. 50 Einsatzkräfte der Wasserwachten Lenggries, Bad Tölz, Penzberg, Miesbach, Krün/Mittenwald und Achenkirch/Schwaz mussten ausrücken, dazu die Feuerwehren Fall und Vorderriß, das Rote Kreuz mit vier Fahrzeugen, ein Notarzt, ein Rettungshubschrauber. Vom Helikopter aus wurde einer der Österreicher, der schon stark unterkühlt war, geborgen und in die Unfallklinik Murnau geflogen.

Zur gleichen Zeit seien die Wasserretter mit den Booten zu den anderen vier Innsbruckern gefahren, sagt Roeske. Danach habe man noch die weggespülte Ausrüstung gesucht. Nicht, dass jemand die Teile irgendwo findet, deshalb einen Notfall vermutet und Alarm schlägt. Bis auf ein Zelt und einen Schlafsack wurde auch alles gefunden. 200 Meter unterhalb der Brücke der Bundesstraße 307 habe man noch Sachen im Wasser treiben sehen. Aber die zu bergen, wäre zu riskant gewesen, erklärt Roeske.

Es ist beileibe nicht der einzige Fall dieser Art, mit dem die Wasserwacht im Gebirge konfrontiert wird. Vor gut einem halben Jahr, erinnert sich Roeske, sei etwas Ähnliches passiert. Damals saß eine Gruppe auf einer Kiesbank in der Isar zwischen dem Sylvenstein-Einlass und Krün fest. "Auch sie hatten am Abend gefeiert, nachts kam dann ein schweres Gewitter." Die Rettung erfolgte ebenfalls mit Booten. Franz Steger, Sachgebietsleiter Umwelt im Landratsamt, erinnert sich an einen Fall vor mehr als einem Jahr an der vorderen Isar zwischen Vorderriß und Wallgau, wo ein Vater mit seinen Kindern nicht mehr vor und zurück konnte, weil die Isar durch Regen ihrem Namen als "Reißende" alle Ehre machte. "Je gebirgsnäher, desto mehr steigen Flüsse an", sagt Roeske. Und in engen Schluchten können dies binnen kürzester Zeit gleich einige Meter sein.

Die fünf jungen Österreicher sind noch einmal mit dem Schrecken davongekommen. Allerdings wird die nasskalte Partynacht für sie teuer werden. Die Polizei erstattet Anzeige wegen Verstoßes gegen das Naturschutzgesetz, wie die Tölzer Polizeiinspektion auf Anfrage bestätigt. Das Landratsamt wird ein Bußgeld verhängen, das je nach Schwere der Tat und Einkommen des Adressaten zwischen 75 und 2500 Euro betragen kann - und zwar zum einen fürs Campen, zum anderen fürs Feuermachen. Auf die Männer und Frauen aus Innsbruck dürften jeweils 100 oder 150 Euro Geldbuße zukommen, schätzt Steger. Dazu braucht er gar nicht das Natur- und Landschaftsschutzgesetz heranzuziehen: "Nach den allgemeinen Bestimmungen ist das Feuermachen im Abstand von weniger als 100 Metern zum Wald verboten." Im Wald also erst recht.

Kostspielig wird es für die fünf Geretteten aber vor allem deshalb, weil sie den Einsatz in Rechnung gestellt bekommen. Für die Wasserwacht taxiert Roeske die Kosten auf grob 1000 Euro pro Person, da es sich um eine Lebensrettung gehandelt habe - "das ist der höchste Tarif". Die Forderung wird an die Sozialversicherungsträger der jungen Leute gerichtet. Hinzu kommen Feuerwehr und Rotes Kreuz, weshalb Roeske von einer Gesamtsumme von "mehreren tausend Euro pro Person" spricht. Das Schutzgebiet sein nun mal keine Partyzone, sagt er. "In der Nacht muss halt mal Ruhe und die Natur für sich sein."

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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