Neue Philharmonie in China:Einsatz mit Stäbchen

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Bodil Schnurrer und Markus Baumann, zwei Musiker aus Egling, haben sich mit ihrem Orchester auf eine zwölftägige Reise nach Fernost begeben. Nicht nur die Konzerte laufen dort ganz anders ab als gewohnt.

Von Julica Ventour, Egling

Wolkenkratzer, gigantische Konzertsäle und Reissuppe zum Frühstück: Für Bodil Schnurrer und Markus Baumann aus Egling war es nicht der erste Trip nach Asien, trotzdem sollten es unvergessliche Tage werden, als sie am 26. Dezember den Flieger nach China bestiegen. Beide sind Mitglieder der Neuen Philharmonie München, einem erfolgreichen Nachwuchsorchester, das seine Wurzeln in der "Musikwerkstatt Jugend" in Icking hat. Beide zählen zu den Gründungsmitgliedern des Ensembles. Auf Einladung der chinesischen Fuge Kultur und Kunst GmbH Zhuhai traten sie zusammen mit mehr als 60 anderen jungen Musikern aus ganz Europa die zweite Konzerttour nach China an.

Die Hinreise sei sehr anstrengend gewesen. Fast einen ganzen Tag dauerten Flug und Fahrt zum Hotel in Zhuhai, ihrer ersten Anfahrtsstelle. Viel Zeit zum Erholen habe es dann aber nicht mehr gegeben, denn am nächsten Tag seien schon die Proben losgegangen. Die erste Herausforderung für viele bestand allerdings im ersten Frühstück. Bodil Schnurrer fand Gefallen an den herzhaften Speisen: "Das asiatische Essen liegt mir einfach", sagt die 33-Jährige. Die Reis- und Porridgesuppen, die gebratenen Nudeln und das gewürzte Fleisch seien aber nicht jedermanns Sache gewesen. "Vielen hat es einfach nicht geschmeckt."

Vor allem die Orchestermitglieder, die nicht aus Deutschland stammen, haben sich ihren Worten nach mit der asiatischen Küche schwer getan. Mit von der Partie waren Musiker aus Belgien, Lettland, Aserbaidschan, Armenien, Italien und vielen anderen europäischen Ländern. Verständigungsschwierigkeiten gebe es innerhalb des Orchesters nicht, sagt die Bratschistin. "Die Proben finden auf Englisch statt. Zur Not mit Händen und Füßen."

Das sah in den Städten schon anders aus. Besonders in Zhuhai, der ersten Anlaufstelle des Orchesters, habe kaum jemand Englisch gesprochen. Ein wenig westlicher und internationaler sei es in der zweiten Stadt zugegangen: "In Zhongshan war viel mehr los, Elektroroller überall, irgendwie lebendiger." Markus Baumann hat der Trubel gefallen. Wie "special guests" hätten sie sich bei einer Gala in der Neujahrsnacht gefühlt, und das obwohl "die Silvester da gar nicht feiern", erklärt der Kontrabassist. Das Paar verschlug es mit anderen Orchestermitgliedern in eine Bar mit Livebands und internationalem Publikum. "Da konnte man auch mal westliche Gesichter sehe", so Baumann. Viele Chinesen seien noch immer nicht an den Anblick von Westeuropäern gewohnt: "Die gucken, lachen und machen Fotos. Da merkt man schon, dass das nicht so alltäglich ist", sagt der 40-jährige Musiker.

Höhepunkte der Reise waren natürlich die Konzerte. Das Silvesterkonzert fand im gigantischen Kulturzentrum der 1,4 Millionenstadt Zhongshan statt, in einem Saal mit mehr als 1300 Sitzplätzen, der nahezu ausverkauft war. Eröffnet wurde der Abend mit der Ouvertüre aus der Zauberflöte von Mozart, gefolgt von dem Klavierkonzert von Edward Grieg mit der chinesischen Pianistin Jieni Wan.

Nach einem weiteren Auftritt in Zhuhai fuhren die Musiker weiter nach Shenzen, einer Zehn-Millionen-Stadt im Pearl River Delta, nördlich von Hongkong. Die Konzerthalle dort sei kleiner gewesen, erzählt Baumannn, dafür habe aber die Chemie gestimmt. "Die Räumlichkeiten sind gar nicht so wichtig", bekräftigt Schnorrer. Die Konzertkultur in China sei gerade erst im Kommen. In Shenzen habe das chinesische Publikum auch mal länger geklatscht. Gegen Ende der Reise ging das Paar getrennte Wege: Während Schnurrer sich nach Hongkong aufmachte, blieb Baumann mit dem Großteil der Neuen Philharmonie in Shenzen zur Wolkenkratzer-Tour, sein persönliches Highlight der Reise. So eine Aussicht könne man sich als Deutscher gar nicht vorstellen, schwärmt er. Schnurrers Höhepunkt der Reise? "Mit der Fähre Hongkong erkunden." Nach zwölf Tagen ging es für alle wieder in ihre Heimatländer. Für Schnurrer und Baumann bedeutete dies vor allem eines: zurück ins kalte Egling.

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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