Leichtathletik:15-Jähriger trainiert ein Jahr - und sprintet deutschen Rekord

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Vier- bis fünfmal pro Woche trainiert Alessandro Rastelli, manchmal in Pullach, manchmal wie hier auf der Sportanlage der DJK Waldram. (Foto: Hartmut Pöstges)

Alessandro Rastelli hat die Bestzeit über 300 Meter in seiner Altersklasse um eine Sekunde unterboten. Jetzt will er Deutscher Meister werden.

Von Elena Winterhalter, Wolfratshausen

Voll konzentriert kniet Alessandro im Startblock. Daumen und Zeigefinger aufgestellt, millimetergenau hinter der weißen Linie. Der Kopf ist gesenkt. Dann kommt das Startsignal und der 15-Jährige spurtet los. Zehn Meter, 20 Meter, plötzlich wird er langsamer und läuft aus. Er war unzufrieden mit seinem Start. Trainer Willi Martin gibt mit Händen und Füßen Anweisungen. Kurze Pause. Nochmal machen. Und nochmal. Und nochmal.

Seit einem Jahr erst macht Alessandro Rastelli Leichtathletik bei der DJK Waldram-Wolfratshausen. Die zwölf Monate waren genug Trainingszeit für den 15-Jährigen, um bayerischer Hochsprung-Meister in der Halle zu werden, in seiner Altersklasse die bayerischen Bestzeiten auf der 100- und 300-Meter-Strecke einzustellen und einen neuen deutschen Rekord über die 300 Meter der Junioren zu laufen. Bei den Süddeutschen Meisterschaften am vergangenen Wochenende in Ingolstadt lief er die Distanz in 34,33 Sekunden und damit fast eine ganze Sekunde schneller als sein Vorgänger sieben Jahre zuvor. "Es war mein Ziel, die Bestzeit zu laufen. Ich wusste, dass ich gut in Form bin", sagt Alessandro.

Sein Trainer Willi Martin, früher selbst aktiver Athlet, ist Sportlehrer am Pater-Rupert-Mayer-Gymnasium in Pullach. Dort entdeckte er Alessandros Talent im Sportunterricht. "Als ich gesehen habe, wie er läuft, habe ich ihn überredet, zu mir ins Leichtathletik-Training zu kommen", sagt Martin. "Er ist ein Ausnahmetalent - ein fantastischer Junge." Während der Sommerferien trainiert er den angehenden Zehntklässler vier- bis fünfmal pro Woche. In der Schulzeit müssen drei bis vier Einheiten reichen. Mittlerweile liegt Alessandro auf einer blauen Turnmatte auf dem Boden und macht Sit-ups. Dabei wirft er seinem Trainer beim Hochkommen einen Medizinball zu. 15, vielleicht 20 Mal. Kurze Pause. Und nochmal.

Sein Vater Vincenzo Rastelli ist fast bei jeder Trainingseinheit dabei, wenn es die Arbeit zulässt. Er war selbst Leichtathlet und ist glücklich, dass sein Sohn das Fußballfeld gegen die Tartanbahn eingetauscht hat. "Er ist ein sehr eleganter Läufer. Und das sage ich nicht nur, weil ich sein Vater bin", sagt Rastelli. Natürlich fiebern seine Eltern auf der Tribüne mit. "Ich bin dann schon nervös. Normal nervös, würde ich sagen", erklärt Rastelli. "Meine Frau? Letztes Wochenende hat sie so gezittert, dass das Video von seinem Lauf völlig verwackelt ist."

Auch Alessandro bereut sein Karriereende als Fußballer beim SV Pullach nicht. Motiviert durch seine Erfolge setzt er sich große Ziele und arbeitet hart, um sie zu erreichen. Nach seinem 300 Meter Lauf in Rekordzeit am vergangenen Samstag ging es zurück in Wolfratshausen noch am selben Tag drei Stunden zum Training.

Beste Voraussetzungen also für die Deutschen Meisterschaften in Bremen am Samstag. Dort möchte der 15-Jährige die 100 Meter und die 300 Meter laufen - und gewinnen. Ein Zwischenziel auf dem Weg, vielleicht nach Buenos Aires zu den Olympischen Jugend-Sommerspielen 2018. Sein Trainer zumindest meint: "Der Junge ist ein langes Projekt." Und Alessandro? Der zuckt mit den Schultern, grinst und macht sich bereit für die nächste Einheit Medizinballwerfen.

© SZ vom 10.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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