Münsing/Seeshaupt:Italien in kleinen Happen

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Geigerin Lena Neudauer und Pianist Johannes Umbreit, der auch einer der Musiktage-Organisatoren ist. (Foto: Veranstalter)

Die Holzhauser Musiktage blicken zum Auftakt mit Susanne Kelling, Lena Neudauer und Johannes Umbreit ins Land, wo die Zitronen blüh'n

Von Sabine Näher, Münsing/Seeshaupt

Wer von der blumengeschmückten Terrasse der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt auf den schimmernden Starnberger See schaut, kann sich, jedenfalls an solch herrlichen Sommerabenden, durchaus in Italien wähnen. Insofern war dort der ideale Ort für das Eröffnungskonzert der Holzhauser Musiktage, das unter dem Motto "Blick nach Italien" stand. Johannes Umbreit, Pianist und einer der Organisatoren des kleinen Festivals, begrüßte das trotz Biergartenwetter zahlreich erschienene Publikum mit dem Verweis auf authentische italienische Temperaturen, "auch hier im Saal". Er versprach ein Programm "mit Belcanto, italienischen Komponisten sowie Komponisten, die sich auf italienische Texte beziehen".

Zuvor hatte er mit Geigerin Lena Neudauer den Abend mit Tartinis Sonate in g, der sogenannten "Teufelstriller-Sonate", musikalisch eröffnet. Mit elegantem Ton verlieh Neudauer den Sonatensätzen ihre jeweilige Charakteristik von zart-verträumt über selbstbewusst-auftrumpfend bis zur explosiven Abfolge einer verhaltenen Melancholie zu heftigen Gefühlsausbrüchen. Mezzosopranistin Susanne Kelling ließ zwei Arien von Bellini folgen, mit angenehm dunkel timbrierter Stimme, schlank geführt, ohne großes Vibrato und übertriebene Operngesten.

Die folgende Romanze von Paganini gestaltete Neudauer sehr sprechend und mit inniger Wärme aus. Hugo Wolfs Mignon-Lieder wollten dann nicht ganz ins Raster passen: Die Texte stammen aus Goethes "Wilhelm Meister", sind hoch komplex, fast schon verrätselt und können sich beim ersten Hören unmöglich erschließen. Urdeutsch sozusagen, aber erstens kann auch verzaubern, was man nicht gleich erfasst, und zweitens sind Goethes Verse "Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn" geradezu ein Synonym für die deutsche Italien-Sehnsucht. Insofern passte es also doch.

Nach der angenehmen Abendluft auf der Terrasse blieb die Abfolge nach der Pause gleich. Neudauer eröffnete mit Paganinis "Cantabile", in der Tat sehr gesanglich und mit samtigem Ton. Darauf erneut Hugo Wolf, sieben Lieder aus dem "Italienischen Liederbuch", das ebenfalls zwei deutsche Väter hat: Hier stammen die Texte von Paul Heyse, der sich jedoch italienische Volkstexte als Vorlage wählte. Diese schildern südländisches Temperament in all seinen Facetten: Susanne Kelling gelang es, diese von Charme und Liebreiz ("Auch kleine Dinge können uns entzücken") über Häme und Boshaftigkeit ("Wer rief dich denn?") bis zu überlegenem Spott ("Ich bin verliebt - nur eben nicht in dich") anschaulich darzustellen.

Das fulminante Feuerwerk der berühmten Liebhaber-Aufzählung ("Ich hab in Penna einen Liebsten wohnen"), so etwas wie das weibliche Gegenstück zu Leporellos Registerarie im "Don Giovanni", offenbarte im Klaviernachspiel leider ein paar Fehlzündungen.

Mit Alards Rigoletto-Phantasie schuf Lena Neudauer das Bindeglied zwischen vokalem und instrumentalem Teil, tauchte mit ihrer Geige in die Welt der Oper ein und bewies, dass sie auch den großen Gestus und das opernhafte Pathos drauf hat, wenn's passt. Mit "L'ultima canzone" von Francesco Paolo Tosti zum Abschluss pure Italianità, die Kelling voll ausspielte, aber in ihrer Anlage schrie diese Bravour-Nummer nach dem italienischen Tenor.

Wer schon bedauerte, die drei Protagonisten nie vereint erlebt zu haben, kam bei der Zugabe auf seine Kosten: "La regatta veneziana", ein Duett, hier bearbeitet für Geige und Stimme, litt etwas darunter, dass im Original gerade die Verschränkung der Sprache den Witz liefert. Doch Kelling und Neudauer überspielten das Manko mit vollem Einsatz.

Fazit: Ein sehr kleinteiliges Programm, ein stilistisch sehr (zu?) bunter Abend, dem ein bisschen roter Faden gut getan hätte. Warum wurde nicht das abendfüllende "Italienische Liederbuch" Wolfs zur Gänze aufgeführt? Der Reiz, den es aus der Gegenrede zwischen Frauen- und Männerpart bezieht, hätte sich dann auch voll entfalten können.

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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