Möbel Mahler:Erst den Job verloren, dann die Bleibe

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Erst arbeitslos, dann auch noch wohnungslos: Petra Andraschkova, Petr Skuhra und Sohn Matthias müssen bis April ihre Wohnung im Möbelhaus verlassen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Petr Skuhra und seine Lebensgefährtin Petra Andraschkova trifft die Schließung von Möbel Mahler gleich doppelt.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

Keine drei Wochen mehr, dann schließt Möbel Mahler in Wolfratshausen sein Haus endgültig und 260 Mitarbeiter verlieren ihre Arbeit. Für Petr Skuhra (29) und seine Lebensgefährtin Petra Andraschkova (24) geht es dann aber um noch viel mehr: Wenn das Einrichtungshaus zusperrt, verlieren sie nicht nur den Arbeitsplatz, sondern auch gleich ihre Unterkunft. Denn Skuhra und Andraschkova sind Angestellte von Mahler, die in dem Möbelhaus nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen.

Im dritten Monat schwanger

Seit 2011 sind die beiden Tschechen zusammen mit ihrem vierjährigen Sohn Matthias in einer der wenigen Betriebswohnungen untergekommen, die es in dem Gebäudekomplex am Hans-Urmiller-Ring gibt. Nachdem das Paar wie ihre Kollegen im November von der Schließung und ihrer Kündigung erfuhren, flatterte ihnen in der vergangenen Woche auch die Kündigung für die Wohnung ins Haus. Bis Ende April dieses Jahres müssen Skuhra und die im dritten Monat schwangere Andraschkova ihr Quartier im Einrichtungshaus geräumt haben.

Ein bisschen versteckt auf der Rückseite des Gebäudes liegt der Eingang zu ihrer Wohnung, im Treppenhaus liegen Müllsäcke und Zigarettenstummel, außen kleben die Namen improvisiert auf Papierstreifen, die Klingeln funktionieren nicht. Schöner Wohnen geht anders, wie die Ausstellungsräume auf der Vorderseite zeigen. Und doch haben sich die beiden hier wohl gefühlt: "Wir kamen 2011 auf eine Internetannonce von Möbel Mahler, in der eine Stelle als Koch im Restaurant des Hauses ausgeschrieben war inklusive Betriebswohnung. Das Gesamtpaket war verlockend und praktisch, weil es nicht nur einen kurzen Weg zur Arbeit bot, sondern auch die Miete günstig war. Und meine Freundin konnte ebenfalls im Restaurant mitarbeiten," erzählt Skuhra.

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"Keine Ahnung, wie es weitergehen soll"

In der knapp 80 Quadratmeter großen Wohnung mit vier Zimmern konnte die dreiköpfige Familie in einer Gemeinschaft mit zwei weiteren Männern leben und zahlte dafür rund 140 Euro im Monat. "Das war in Ordnung, und es war ruhig", sagt Skuhra. Nur für den Sohn war die Situation nicht ganz leicht, "weil er hier im Gewerbegebiet keine Spielkameraden hatte". Nichtsdestotrotz gingen sie davon aus, längerfristig Fuß gefasst zu haben.

Jetzt, mit der Kündigung von Arbeit und Wohnung auf dem Tisch, stehen die beiden plötzlich vor dem Nichts. "Keine Ahnung, wie es weitergehen wird", sagt Skuhra. Aber lange überlegen und grübeln können sie nicht: "Diese Woche müssen wir noch das Restaurant abwickeln, dann muss ich ab nächster Woche sehen, dass ich eine neue Arbeit finde", weiß Skuhra. Denn: Ohne Arbeit wird es unmöglich, eine Wohnung zu finden. In drei Monaten müssen sie all das geschafft haben. "Es muss einfach klappen, die Kinder brauchen schließlich ein Zuhause", sagt der bald zweifache Vater.

Bei Regen tropft es durch die Decke

Im Nachhinein sei man natürlich immer schlauer, und eine Zäsur bei Möbel Mahler habe sich schon länger abgezeichnet, wenn auch nicht in diesen Dimensionen: "Es ist am Haus und an den Wohnungen ja nichts mehr gemacht worden in den vergangenen ein, zwei Jahren", sagt Skuhra. Bei Regen tropft es schon mal durch die Decke, im Hintergrund hört man das Plätschern von Wasser, das sich im Bad nicht mehr abdrehen lässt. Das Paar bekam mit, wie der Standort Neu-Ulm ausgebaut, in Wolfratshausen aber nichts mehr investiert wurde. Doch lange war die Belegschaft davon ausgegangen, dass ein neuer Eigentümer die Mitarbeiter übernehmen würde, erzählen sie. "Sogar als wir wussten, es wird Lutz, dachten alle noch, der nimmt uns mindestens ein Jahr und schaut dann, wie es läuft."

Als letztlich verkündet wurde, Lutz wolle lediglich ein leeres Gebäude, "da waren alle so geschockt, keiner konnte mehr einen Mucks sagen", sagt Andraschkova. Zurück nach Tschechien wollen die beiden nicht: "Dort haben wir keine Perspektive." Einziger Trost in der Situation: "Die Belegschaft hält zusammen, auch über die Kündigungen hinaus." So habe ihr Restaurantleiter ihnen angeboten, "wenn wir tatsächlich nichts Neues finden, dann gewährt er uns vorübergehend Obdach".

© SZ vom 18.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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