Landkreis:Schwacher Start ins Tourismus-Jahr

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Die Tölzer Marktstraße ist ein Touristen-Magnet. Doch die Gäste bleiben seltener über Nacht - mehr Hotelbetten könnten das ändern. (Foto: Manfred Neubauer)

Jahr für Jahr kommen mehr Gäste in den Kreis, doch seit Januar verbuchen die Hotels ein Minus an Übernachtungen. Fremdenverkehrsmanager sehen darin kein Alarmsignal.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Der Landkreis ist schön, seine Landschaften typisch - die Alpenkette vor der Haustüre, glasklare Seen, Klöster und Museen und ein breites Angebot an Freizeitaktivitäten. Doch die Verlockungen scheinen andernorts noch größer: Im ersten Quartal dieses Jahres ging nämlich die Zahl der Gäste, die zwischen Bad Tölz und Wolfratshausen auch übernachteten, um knapp vier Prozent zurück im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das belegen die jüngsten Daten des Landesamtes für Statistik. Mit diesem Minus weist der Kreis in den ersten Monaten des Jahres die zweitschlechteste Entwicklung aller oberbayerischen Landkreise auf. Nur Fürstenfeldbruck verzeichnete mit rund minus zehn Prozent einen noch stärkeren Rückgang. Die meisten anderen Regionen im Bezirk können sich hingegen über Zuwächse freuen: Der Nachbarlandkreis Garmisch-Partenkirchen verbuchte seit Jahresbeginn sechs Prozent mehr Übernachtungen, Landsberg am Lech gar neun Prozent, und auch in Weilheim und Miesbach gab es noch ein Plus von einem Prozent.

Die Statistik mag eine Momentaufnahme sein. Doch weitere Erhebungen des Landesamtes zeigen, dass sich die Region Oberbayern seit Jahren wachsender Beliebtheit bei Touristen erfreut - der Kreis aber nicht in gleichem Maße profitiert. Zwischen 2013 und 2016 blieb er jeweils hinter dem regionalen Durchschnitt bei den Übernachtungen zurück. Auch bei den Ankünften von Gästen blieb Bad Tölz-Wolfratshausen in den Jahren 2013 bis 2015 hinter den oberbayerischen Zuwächsen. Lediglich im vergangenen Jahr zog der Kreis gleich.

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Dass das Jahr 2017 nun mit einem Minus beginnt, während andere Kreise Oberbayerns teils deutliche Zuwächse verbuchen, beunruhigt Andreas Wüstefeld, Sprecher des Tölzer Tourismus-Managements, nicht. "Da darf man sich nicht verrückt machen lassen." Für ihn sei nur eine Zahl relevant, und das sei die am Ende des Jahres. "Alles andere ist Kaffeesatzleserei", sagt er. Denn die Statistik berücksichtigt ihm zufolge nur Städte und Gemeinden, die ein Tourismus-Prädikat wie zum Beispiel "Heilklimatischer Ort", tragen, während die Jahresstatistik alle Kommunen inkludiere.

Die touristische Anziehungskraft des Kreises sei Wüstefeld zufolge ungebrochen und zeige über längere Zeiträume betrachtet ein leichtes, dafür aber stabiles Wachstum, betont er. So sei schließlich die Zahl der Übernachtungen seit 2010 von 1,3 Millionen auf 1,5 Millionen im vergangenen Jahr gewachsen. Tourismus werde durch vielfältige Faktoren beeinflusst, Vergleiche mit anderen Landkreisen seien für ihn deshalb nicht pauschal möglich, genauso wenig wie er Rückschlüsse aus dem Quartalsminus ziehen will. Für ihn ist eine andere Zahl relevanter: "Es wird oft zu wenig auf die Wertschöpfung geblickt. Bad Tölz-Wolfratshausen konnte in den vergangenen Jahren rund 300 Millionen Euro Bruttoumsatz per annum durch Tourismus erwirtschaften", betont er. 52 Prozent davon seien Tagesausflüglern zuzuschreiben, 48 Prozent Übernachtungsgästen.

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"Besucher kommen vermehrt, bleiben aber kürzer", das ist dagegen der Eindruck, den die stellvertretende Kurdirektorin Susanne Frey-Allgaier hat. Nachdem der Januar in Bad Tölz "geradezu astronomisch" gelaufen sei, waren die Besucherzahlen im Februar und März zurückgegangen. Als Grund vermutet sie das Wetter, zumal es einen deutlichen Trend hin zu kurzfristigen Buchungen gebe. "Besucher haben eine bestimmte Erwartung an Oberbayern und an unseren Landkreis. Im Winter gehört da definitiv Schnee dazu", sagt Frey-Allgaier.

Erheblichen Einfluss auf die Statistik habe zudem die Zahl der verfügbaren Betten. "Lassen sie einen Gastbetrieb einige Zeit schließen, das zeigt sich sofort", weiß Wüstefeld. Das kann Frey-Allgaier mit einem aktuellen Beispiel belegen: Weil das BSW-Ferienhotel renoviert wurde, standen dort rund 100 Betten weniger zur Verfügung. Überhaupt, die Hotel-Situation: Sie ist Schlüsselfaktor und Dauerthema, insbesondere in Bad Tölz. "Wir hatten in den vergangenen Jahren in unserer Stadt bekanntermaßen einen Bettenschwund. Uns fehlen dringend Hotels im qualitativen Bereich, um der Nachfrage gerecht zu werden", sagt Frey-Allgaier. Zwar gäbe es einige Anbieter mit guter Qualität, "aber es ist schwer, Gruppen unterzubringen."

Auch Wüstefeld erklärt mit Nachdruck: "Wir brauchen dringend Hotels in der Region!" Mit einem größeren Angebot könnte zukünftig der Brückenschlag zwischen Wertschöpfung und adäquatem Zuwachs gelingen. Vom Minus zum Jahresbeginn will sich Wüstefeld jedenfalls nicht ins Bockshorn jagen lassen: "Abgerechnet wird zum Schluss."

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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