Kabarett:Niederbayern, wie es singt und lacht

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Alles, nur nicht politisch korrekt: Andrea Limmer. (Foto: Hartmut Pöstges)

Andrea Limmer vor handgezähltem Publikum

Von Wolfgang Schäl, Geretsried

Etwas irritiert ist Andrea Limmer schon. Gerade einmal vier zahlende Gäste im Geltinger "Hinterhalt", das motiviert nicht unbedingt zu kabarettistischen Höhenflügen. Ein vergnüglicher Abend wird es dann doch, denn die zierliche, in Oberbayern geborene Person aus Niederbayern, die mit ihrem Programm "Aus is - Sperrstundenkabarett" angetreten ist, steht die Vorstellung diszipliniert durch. "Die größte Angst des Kabarettisten ist ja, dass das Publikum geht", sagt sie. Aber das könne ihr jetzt wenigstens nicht passieren, "weil, es ist ja gar keins da."

Unter diesen Vorzeichen ist das Konzept des Abends schnell gefunden: "Jetz erzähl ich euch bissl was, und nacha spui i was, und dann gehn ma alle hoam." So kommt es denn auch. Es sind Geschichten aus dem weißblauen Nirgendwo, die sie aufsammelt, sofern es dort überhaupt etwas aufzusammeln gibt: "Mia ham ja nix in Niederbayern", beklagt Limmer, "mia ham ja ned amoi a Wetter, nur den ewigen Bodennebel." Und über den kann sie nicht drüberschauen, weil sie, wie sie zutreffend feststellt, halt nicht besonders groß sei. Sie mag, mit Blick auf ihre Körpergröße, noch nicht einmal behaupten, sie sei in Niederbayern aufgewachsen.

Irgendwann ist die heute 31-Jährige dann losgezogen, genauer gesagt: Sie ist "dahoam nausgschmissn worn" und "auf die Stanz" gegangen, auf die Suche nach allerlei Abenteuern. Da begegnen ihr Gestalten, die irgendwie real und doch imaginär sind, beispielsweise ihr fester Freund Obsi, der als ein langweiliger, derber Kerl rüberkommt und bei der CSU ist. Aber er ist halt der Obsi, da kann man nix machen. Da ist auch die schräge Adoptivgroßmutter Zilli, die mit ihr in einer Wohngemeinschaft lebt. Sie selbst sei damals in einer Selbstfindungsphase gewesen, erzählt Limmer, die Zilli mit ihren achtzig Jahren dagegen längst "in der Heimfindungsphase". Sie, die Zilli, wollte beim Griechen immer einen Salat bestellen, aber halt einen Wurstsalat. Und den kennt der Grieche nicht.

Was ist dran an der dritten Protagonistin, der intellektuellen Freundin Hannah, einer von den neuen Linken, "die nur spielen wollen?" So genau weiß man das alles nicht, und es macht auch viel mehr Spaß, es nicht zu wissen. Denn Andrea Limmer schwadroniert und fabuliert und singt, wie es grade kommt, und sie reagiert spontan auf das vierköpfige Publikum. "Da schmusen mia uns scho zamm", sagt sie. Zwischendurch greift sie immer wieder mal zur Ukulele, die wie eine zu klein geratene Gitarre aussieht, sie erzählt Witze, auch solche, die nicht wirklich damenhaft sind, und sie hat den einen oder anderen derben Vers vorrätig. Das alles ist nicht unbedingt politisch korrekt, denn "diese ganze Korrektness nervt langsam", findet Limmer. So geht es denn munter dahin: "De Frau is recht fett, an der Sau is nix dro, da hot si da Bauer beim Fuadan vado" - Niederbayern, wie es singt und lacht. Bei alledem fällt auch ein Stück bayerischer Sprachunterricht für Fortgeschrittene an. Wer hätte schon so genau den Unterschied zwischen einem "Gloifi" ("Den mag man nicht") und einem "Kampe" ("Den mag man") definieren können?

Nur klamaukig ist Limmer bei alledem nicht, wenngleich man ihr einen Hang zur Grübelei gewiss nicht nachsagen kann. Immerhin pflegt sie ihre sehr eigenständige, niederbayerisch vertrackte Erkenntnisweise: "I wui oiwei ois wissen, bis i's dann woaß", sagt Limmer. "Und wenn i's dann woaß, nacha hätt i's liaba net gwusst". Damit verabschiedet sie sich wieder in ihren niederbayerischen Bodennebel - ohne Zugabe lässt sie das exklusive Publikum freilich nicht ziehen.

© SZ vom 11.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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