Hochbegabter Waldramer:In der Lehre bei Sir Simon

Lesezeit: 2 min

Gregor Mayrhofer wird Assistent des Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker.

Von Stephanie Schwaderer, Wolfratshausen/Berlin

Sir Simon Rattle, Weltstar, Charismatiker und scheidender Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, hat einen neuen Assistenten: Er kommt aus Waldram, ist 29 Jahre alt und heißt Gregor Mayrhofer. Seit Ende vergangener Woche steht fest, dass der hochtalentierte Lockenkopf, der in der Region vor allem mit dem Duo Imbrothersation die Herzen erobert hat, der erste Stipendiat des neu gegründeten "Sir Simon Rattle Stipendiums" sein wird. Als solcher wird er sich in den nächsten beiden Jahren bei den Berliner Philharmonikern und bei der Karajan-Akademie einbringen - und dem Meister über die Schulter schauen. "Ich kann noch nicht in Worte fassen, was mir das bedeutet", sagt Mayrhofer, der gerade ein paar Tage in seinem Elternhaus verbringt.

Schon als Jugendlicher habe er den Briten bewundert, dieser sei für ihn "so etwas wie der Dirigent der Dirigenten" gewesen, erzählt er. Der Dokumentarfilm "Rhythm Is It!" habe ihn darin bestärkt, die Musik zum Mittelpunkt seines Lebens zu machen. Der Film erzählt von einem pädagogischen Projekt, das die Berliner Philharmoniker 2003 unter ihrem Chefdirigenten und Seite an Seite mit dem Choreografen Royston Maldoom starteten: Innerhalb von sechs Wochen brachten sie mit 250 Kindern und Jugendlichen, viele von ihnen aus schwierigen sozialen Verhältnissen, Igor Stravinskys Ballett "Le sacre du printemps" auf die Bühne. Ein Mammut-Projekt, das von Chaos und Frustration begleitet war, dann aber in einem umjubelten Auftritt in der Arena Berlin mündete.

Als Komponist und Dirigent hat sich Gregor Mayrhofer international einen Namen gemacht. Mit seinem Bruder Raphael und "Imbrothersation" begeisterte er zuletzt im Juli das Publikum in der Loisachhalle. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Rattles menschliche Größe hat mir imponiert", sagt Mayrhofer, "seine Weitsicht und Kultur, die Inspiration, die er mit jeder Pore verströmt. Nie hätte ich mir damals träumen lassen, ihn einmal persönlich kennenzulernen. Und jetzt das!"

Jetzt das: Seit Donnerstag ist Mayrhofer mit dem Sir nicht nur per Du, er hat auch schon das erste Stück für ihn dirigiert: Maurice Ravels "Ma mère l'oye". Mit diesem Werk war er vergangene Woche zum Vordirigieren nach Berlin gefahren. "Simon hatte offenbar von ganz verschiedenen Ecken von mir gehört und wollte mich einmal dirigieren sehen."

Das wiederum ist kaum verwunderlich: Seit Jahren hat sich Mayrhofer im In-und Ausland als Komponist und Dirigent einen Namen gemacht, hat Freunde und Preise gewonnen und zuletzt die Juilliard School in New York abgeschlossen. Die "Prüfung" in Berlin sei dann auch ohne Stress abgelaufen, sagt er. Rattle habe spontan selber mitgeprobt und am Ende zu ihm gesagt, er freue sich darauf, künftig einen "Musiker-Dirigenten" an seiner Seite zu haben, es gäbe zu viele "Dirigenten-Dirigenten". Los geht es am 1. November, wenn die Proben zur Asientournee der Philharmoniker anlaufen: "Da hätte er gerne meine Ohren mit im Saal, hat er gesagt." Das Stipendium basiert auf einem Preis, den Rattle gewonnen hat und den er in die Nachwuchsförderung fließen lassen will. Während die Karajan-Akademie junge Instrumentalisten fördert, kommt das Rattle-Stipendium aufstrebenden Dirigenten zu Gute. Welche Tätigkeiten genau auf ihn zukommen, weiß Mayrhofer noch nicht. Fest steht, dass er ein Insekten-Konzert für die Karajan-Akademie schreiben und es mit ihr einspielen wird - ein Kooperationsprojekt mit dem World Wide Fund For Nature (WWF). Eventuell werde er für Simon Rattle Transpositionen schreiben, vielleicht könne er ihn bitten, ihn gelegentlich zu unterrichten, sagt er. "Aber: Allein im Kontakt mit ihm sein zu dürfen, zu erfahren, was er über ein Stück denkt, zu erleben, wie er diese Magie herstellt mit einem der weltbesten Orchester - das ist schon so ein Geschenk!"

Sir Simon Rattle holt Gregor Mayrhofer als ersten Dirigenten-Stipendiaten zu den Berliner Philhharmonikern. (Foto: Stephan Rumpf)

Spannend bleibt die Frage, was passieren wird, wenn Rattle nächstes Jahr zum London Symphony Orchestra wechselt. Mayrhofer freut sich darauf, verschiedene Gastdirigenten kennenzulernen - und den offiziellen Nachfolger Kirill Petrenko. Er soll 2019 die Berliner Philharmoniker übernehmen, ein halbes Jahr Stipendium könnte ihm also auch mit dieser Koryphäe vergönnt sein, rechnet Mayrhofer - und findet schließlich doch noch die richtigen Worte: "Totales Glück", sei das. "Riesiges Doppelglück!"

© SZ vom 11.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: