Festival:Wenn der Kulturherbst nicht mehr weit ist

Lesezeit: 2 min

Die Reihe in Geretsried war tot, jetzt lebt sie wieder: Stadt, Engagierte und Künstler konnten viele Veranstaltungen retten. Am Wochenende steht ein Höhepunkt an.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Konstantin Wecker war schnell überzeugt: Der Liedermacher, der eigentlich beim "Geretsrieder Kulturherbst" im Festzelt auftreten sollte, kommt nun zu dem in aller Eile improvisierten Festival "Geretsrieder Kultur im Herbst" in den eher nüchternen Ratsstubensaal. Denn das stimmungsvolle Zelt wird es nicht geben, nachdem die von der Stadt beauftragte Cultus Production GmbH aus Füssen pleite gegangen ist. Dass der Kulturverein Isar-Loisach (KIL) wenigstens Teile des Festivals realisiert und damit die Stadt Geretsried aus der Patsche rettet, fand Wecker "super", berichtet KIL-Sprecherin Assunta Tammelleo. Sie hat Künstler für Künstler abtelefoniert und dabei nur gute Erfahrungen gemacht: "Der Umgangston war sehr freundlich, interessiert und wohlwollend."

Genauso positiv äußert sich Bürgermeister Michael Müller (CSU) über das Klima in der Stadt: "Das war ein Zusammenhalt", sagt er anerkennend, man sei sich einig gewesen: "Wir wollen das stemmen." Nach der völlig überraschenden und äußert kurzfristigen Absage der Füssener hätten sich mehrere Agenturen bei der Stadt gemeldet, die einspringen wollten, aber auch viele Ehrenamtliche. "Für uns war klar, dass wir mit einem lokalen Partner zusammenarbeiten wollen", sagt Müller. Nachdem alle kommunalrechtlichen Aspekte abgeklopft waren, habe ihn der Stadtrat in der nicht-öffentlichen Sitzung am Dienstag ermächtigt, die weiteren Verhandlungen zu führen und dabei den ursprünglich für die Cultus Production vorgesehenen Zuschuss von 80 000 Euro anderweitig zu vergeben. Das Kulturforum, auf dessen Initiative der alle zwei Jahre stattfindende Geretsrieder Kulturherbst ursprünglich zurückgeht, sei nicht in Frage gekommen, da es eine lose, informelle Vereinigung ist. KIL hingegen ist ein gemeinnütziger Verein "und damit für uns rechtssicher", erklärt der Bürgermeister.

1 / 2
(Foto: THOMAS KARSTEN; oh)

War schnell überzeugt: Konstantin Wecker

2 / 2
(Foto: Veranstalter)

Spielt schon am Sonntag im Hinterhalt: Claudia Koreck

Kommt, aber erst im November: Christian Springer.

KIL-Schatzmeisterin Assunta Tammelleo hat überdies als Betreiberin der Geltinger Kulturbühne "Hinterhalt" Erfahrung im Veranstaltungsmanagement. Auf die Frage, wie lange sie geprüft habe, ob ihr Verein das Geretsrieder Festival retten kann, sagt sie: "Einen halben Tag." Sie habe eine grobe Budgetplanung aufgestellt, mit den Künstlern gesprochen und sei sicher gewesen: "Ja, wir kommen damit hin." Die Frage sei nur noch, wie gut.

Denn ein paar Probleme gibt es schon noch zu bewältigen. Es fängt damit an, dass das Festzelt 900 Plätze geboten hätte, der Ratsstubensaal aber selbst ohne Tische nur 420 und der "Hinterhalt" - in dem Koreck auftreten wird - nicht ganz 200. Vom Geschäftsführer der Cultus Production, Florian Zwipf-Zaharia, habe sie zwar die Zahl der pro Veranstaltung bereits verkauften Karten (für Wecker sollen es etwas mehr als 300 sein), aber wie zuverlässig das alles sei, werde sich erst noch zeigen müssen.

Der Kulturverein Isar-Loisach hat zugesagt, bereits verkaufte Eintrittskarten anzuerkennen. Tammelleo rechnet aber durchaus auch mit dem einen oder anderen empörten Zuschauer, der es gar nicht witzig findet, statt im lauschigen Zelt nun im Ratsstubensaal zu sitzen. Da brauche man am Eingang schon "stabile Leute", sagt sie. Bei dieser und vielen anderen Arbeiten hat der KIL allerdings Unterstützung: Es gebe viele, die freiwillig mit anpackten, sagt Tammelleo. "Diese Zusammenarbeit ist ausgesprochen schön."

Der Kulturverein Isar-Loisach hat in den vergangenen Jahren viermal ein eigenes kleines Festival namens "Pipapo" veranstaltet - zuletzt mit 7000 Euro Zuschuss der Stadt. Zu dem aktuellen Vorhaben sagt Tammelleo vorsichtig: "Wir müssen jetzt erst einmal zeigen, dass wir das organisatorisch hinkriegen, und zwar gut hinkriegen." Ob KIL sich dann als neuer Ausrichter des Geretsrieder Kulturherbsts etablieren kann - daran denke sie jetzt noch nicht.

Der Bürgermeister ist ähnlich zurückhaltend: "Wir warten ab, wie die Ersatzveranstaltungen laufen", sagte Müller am Freitag, versicherte aber gleichzeitig, die Stadt wolle mit dem Kulturverein weiter im Gespräch bleiben.

© SZ vom 01.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: