Festival auf der Loisach:Es lebe der Fluss

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Rainhard Fendrich gibt einen umjubelten Auftakt. 600 Besucher singen selig mit und trotzen dem Wolkenbruch. Die Reihe wird immer beliebter.

Von Thekla Krausseneck, Wolfratshausen

Blasser Nebel steigt von der Bühne auf, in langen Streifen durchstrahlt von Scheinwerfern: Ein angemessen dramatischer Einstieg für einen Künstler, dessen Auftritt lange vor dem ersten Tag des Wolfratshauser Flussfestivals ausverkauft war. Um nicht zu viele Fans des Austropopstars Rainhard Fendrich abweisen zu müssen, hat der Veranstalter kurzerhand noch einige Stehplätze geschaffen. Und so belagert das Publikum die Bühne am Freitagabend von allen Seiten: auf dem Gelände des Festivals - aber auch am anderen Ufer. Ein paar Besucher haben es sich in einem Boot bequem gemacht, das genau wie die Bühne auf der Loisach treibt. Andere sitzen auf Picknickdecken auf der Wiese. Ein paar Wolfratshauser verfolgen das Konzert vom Balkon gegenüber aus mit - an ihrem Geländer ist eine große österreichische Fahne befestigt. Sie flattert bereits im zunehmenden Wind.

Bei "Macho Macho" singen die Fans mit. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Es freut mich unwahrscheinlich, dass hier alles voll ist", sagt Bürgermeister Klaus Heilinglechner, der zusammen mit dem Veranstalter Günter Wagner und Kulturamtsleiterin Marion Klement das dritte Flussfestival eröffnet. Dieses sei "ein Festival der Steigerungen", sagt Heilinglechner. Der Kartenverkauf übertreffe schon jetzt den von vor zwei Jahren. Außerdem habe sich das Event einen so großen Namen gemacht, dass inzwischen schon Künstler aus dem internationalen Raum in Wolfratshausen auftraten - wie etwa Fendrich. Als der mit seiner großen Band in den Kunstnebelschwaden stehend seinen ersten Song anstimmt und die Zeilen "Mutterseelnallanich sitzt er da bis in da Frua und schaut beim Boxn zua" über die Loisach schallen, ist das Publikum bereits in Hochstimmung, und beim Refrain "Es lebe der Sport, er ist gesund und macht uns hoart" singen alle lautstark mit.

Rainhard Fendrichs Konzert war schon lange ausverkauft. (Foto: Hartmut Pöstges)

Rund 25 Helfer packen beim Flussfestival mit an, manche verkaufen Tickets und - dringend benötigte - Mückensprays, andere reißen Karten ein, achten darauf, dass niemand den Künstlerbereich betritt, oder dienen einfach als Ansprechpartner. Unter ihnen ist der Geretsrieder Bruno Kardell, der in dieser Funktion schon seit dem ersten Festival vor sechs Jahren dabei ist. Aus zwei Gründen, sagt er: Das Programm sei immer bunt, und er treffe nette Leute. Zu lachen gebe es auch genug. Beim Einlass habe er vorhin einem Mann die Hand hingestreckt, um das Ticket entgegenzunehmen - worauf der Mann ihm die Hand gab und jeden persönlich begrüßte.

Auch auf der Loisach machen Zuhörer es sich gemütlich. (Foto: Hartmut Pöstges)

Gute Laune auch auf der Bühne. "Das finde ich echt toll, dass sich eine Stadt eine Kulturebene schafft", sagt Fendrich. Nach 17 Studioalben sei es gar nicht so einfach gewesen, das richtige Programm für den Auftritt in Wolfratshausen zu finden. Er habe aber keine Mühen gescheut und in seinen Schubladen noch ein paar Klassiker gefunden - eine Ankündigung, die das Publikum mit Jubel quittiert.

Kaum einer bekommt mit, dass der Deutsche Wetterdienst nach der Pause gegen 21.30 Uhr die Warnung vor schwerem Gewitter und Hagel ausgibt. Was für ein Kontrast: Über Wolfratshausen zieht eine finstere Wolkenfront auf, unten perlen Stücke wie "Von Zeit zu Zeit", "Frühling in Berlin" oder "Vü schöner is des G'fühl" von einer silbern und blau illuminierten Bühne. Am anderen Loisachufer aktivieren Zaungäste die Taschenlampen-LEDs ihrer Handys und schwenken sie wie Feuerzeuge, während drüben über der Hammerschmiedschule Blitze zucken. In Geretsried wird es gleich loshageln, in Münsing tobt ein Unwetter, doch in Wolfratshausen zündet Michel Amato - als er gerade nicht Bratensemmeln und Kartoffelsalat an die Gäste verkauft - optimistisch Holz in einer Feuerschale an. Der Wind peitscht durch die Fackeln am Ufer, ein paar Tropfen fallen. Doch wie durch ein Wunder bleibt es ansonsten trocken. Vorerst.

Als Fendrich gegen Ende das Stück anstimmt, auf das alle gewartet haben, stehen die Zuhörer im Zelt von ihren Plätzen auf, um zu "Weus'd a Herz hast wia a Bergwerk" zu schunkeln. Für die Zugabe kehrt Fendrich noch einmal ohne Band auf die Bühne zurück, nur er, die Gitarre - und um die 600 Stimmen, die zusammen "Macho Macho" singen, danach "Oben ohne" und als letztes "Strada del Sole". Und erst jetzt, zu "I steh in da Hitz an da Strada del sole, die Fiaß tamma weh in die neich'n Sandale", brechen die Wolken. Das Konzert geht weiter. Die Stehgäste holen sich die Sonnenschirme gegen den Regen, Fendrich singt gelassen bis zum Ende ("I steh auf's Gänsehäufl und auf Jesolo pfeif i!"). Erst danach flüchten die Zuschauer zum Bierzelt. Niemand bleibt trocken.

Das Wolfratshauser Event läuft bis zum 23. Juli. Die African Night am Sonntagabend ist genau wie Fendrich ausverkauft, und auch für Luise Kinseher am 13. Juli gibt es keine Tickets mehr. Für die beiden Vorstellungen der Loisachtaler Bauernbühne am 21. und 22. Juli - gespielt wird "Der Brandner Kaspar und das ewig' Leben" - sind nur noch vereinzelte Karten an der Abendkasse erhältlich, die dann aber vier Euro mehr kosten als im Vorverkauf. Dieser läuft weiterhin im Bürgerbüro des Rathauses sowie bei den Reisebüros Happy Holiday und Hecher.

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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