Schwertkampf ohne Gegner:Die Samurai von Eurasburg

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Das Bürgerhaus Achmühle ist das "Dojo", der Trainer der "Sensei": Oliver Bischoff lehrt elf Sportler die japanische Kampfkunst Iaido. Jetzt ist er mit seiner Mannschaft von den Europameisterschaften zurückgekehrt.

Von Hannah Fischer, Eurasburg

Die Samurai stehen bereit, ihre Hände am Schwert. Oliver Bischoff ruft auf Japanisch sonderbar klingende Worte. Die Kämpfer verstehen ihn aber sofort und führen hoch konzentriert die zwölf Formen der Grundschule des "Iaido", einer japanischen Schwertkunst, aus. Leise wie Raubkatzen bewegen sie sich durch den Raum - man könnte eine Stecknadel fallen hören. Mit ihrem Schwert durchschneiden sie in gezielten Bewegungen synchron die Luft. Einen richtigen Gegner haben die Samurai im Bürgerhaus Achmühle nicht. Die Vorstellungskraft muss genügen.

Zwei mal in der Woche trainieren die elf Samurai, oder auch Iaidoka genannt, in ihrem "Dojo" - ihrem Übungsort - im Bürgerhaus Achmühle mit ihrem Lehrer Oliver Bischoff. Die Schüler haben bereits unterschiedliche Graduierungen, die in "Dan" angegeben werden, erreicht. Von eins bis acht wird unterteilt. Die meisten der Schüler sind noch beim ersten Dan. Ihr Lehrer - oder "Sensei" - Oliver Bischoff hat den sechsten Dan Ende Oktober bei der Europameisterschaft in Berlin erreicht. Sein Schüler Felix Scheuermann gewann in der Kategorie "Mudan" Bronze.

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(Foto: privat)

Sensei Oliver Bischoff hat die Schwertkunst in Japan erlernt. Bei den Europameisterschaften in Berlin hat er nun den sechsten Rang im Iaido erreicht.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Iaido-Sportler im Bürgerhaus Achmühle kämpfen nur gegen imaginäre Gegner - und gegen sich selbst. Ihr Ziel ist die Perfektion.

Sensei Bischoff hat die Kunst in Japan erlernt. 1998 übte er neben einem Auslandspraktikum für das Studium täglich zwischen zwei und sechs Stunden alleine oder in der Gruppe. Nach seiner Rückkehr schloss er sich einer Iaido-Gruppe in München an. Bald machte sich der heute 42-Jährige selbständig und übernahm vor acht Jahren die Gruppe in Achmühle.

Obwohl die Vereinsmitglieder die Kampfkunst unterschiedlich gut beherrschen, kommt jeder mit, wenn Oliver Bischoff Anweisungen auf Japanisch gibt. Er schätzt, dass Anfänger etwa drei Monate Training benötigen, bis sie selbständig im Kurs mitarbeiten könnten. Doch von wirklichem Können kann nie die Rede sein. "Wenn man der Meinung ist, Iaido zu können, dann hat man einen Tiefpunkt des Lernens erreicht", sagt Bischoff. Die Kampfkunst sei ein stetiger Lernprozess, der nie abgeschlossen sei. Selbst er habe noch sehr viel zu lernen. Das Schöne an Iaido sei aber, dass es keine Altersgrenzen gebe. Sein Lehrer sei zum Beispiel 72 Jahre alt und übe die Kampfkunst schon seit etwa 65 Jahren aus.

Nur nach unten sieht Bischoff eine Grenze. Junge Menschen hätten oft nicht das Durchhaltevermögen für die Kampfkunst, da ihnen noch die Ernsthaftigkeit fehle und sie eher eine Sportart zum Auspowern suchten. Das könne Iaido nicht bieten. "Das Grundkonzept der Kampfkunst ist, Körper, Geist und Schwert in Harmonie zu bringen", sagt Bischoff. Iaido sei also kein Hochleistungssport. Es gehe viel mehr um Körperbeherrschung und darum, mentale Kräfte zu entwickeln.

Die Herausforderung des Iaido ist die Perfektion. Die Samurai kämpften früher um ihr Überleben. Diese Situation gelte es nachzustellen. "Man kämpft aber nicht nur gegen den imaginären Gegner, sondern auch gegen das eigene Ego, das es zu überwinden gilt", sagt der Lehrer Oliver Bischoff. Aber gerade der Punkt, wenn sich dann etwas echt anfühle sei der Lohn für das harte Training. Besonders freue er sich darüber, wenn auf Wettkämpfen oder bei Seminaren andere Schwertkämpfer erkennen, bei welchem Lehrer er gelernt hat. Denn die genaue Nachahmung sei ein weiteres Ziel der Schwertkunst.

Ende Oktober war Oliver Bischoff zusammen mit seinen Kämpfern Felix Scheuermann, Markus Ewinger, Carola Gratz-Übernickel und Chris Weber bei der Europameisterschaft in Berlin. 250 Teilnehmer aus 22 Nationen kürten die Besten der Besten. Ewinger war Teil der deutschen Nationalmannschaft aus vier Kämpfern, die den siebten Platz errangen. Iaido-Sensei Oliver Bischoff erklärt: "Zwar gewinnt man beim Iaido immer, da der Gegner nur fiktiv ist. Andererseits hat man schon auf dem zweiten Platz den Kampf um Leben und Tod verloren."

Die Iaido-Sportler im Bürgerhaus Achmühle kämpfen nur gegen imaginäre Gegner - und gegen sich selbst. Ihr Ziel ist die Perfektion. (Foto: Harry Wolfsbauer)
© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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