Energiewende:Bad Tölz macht Wind in Berg

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Die Stadtwerke stecken einen halbe Million Euro in die vier umstrittenen 200-Meter-Rotoren in den Wadlhauser Gräben. Auch die Gemeinde Gaißach investiert in das Projekt - so soll die Energiewende gelingen

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Tölzer Stadtwerke haben sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: In fünf Jahren will das kommunale Tochterunternehmen 40 Prozent der Energie in seinen Netzen aus regenerativen Quellen erzeugen. "Wir sind auf einem richtig guten Weg", sagt Geschäftsführer Walter Huber. 36 Prozent seien bereits erreicht, worin er allerdings auch das neueste Projekt einrechnet: Die Stadtwerke beteiligen sich an der umstrittenen Windkraft-Anlage in Berg, die sich gerade im Bau befindet, und investieren dafür eine halbe Million Euro. Für die Gegner der vier geplanten, jeweils 200 Meter hohen Windräder in den Wadlhauser Gräben äußert Huber zwar Verständnis. "Aber die Gemeinde steht dahinter, das Landratsamt steht dahinter, alles ist rechtens."

Für Huber ist der Standort nahe der Garmischer Autobahn auf einer Anhöhe an der Straße zwischen Percha und Wangen gut gewählt. Das hätten kostspielige Messungen gezeigt, die dort über eine längere Zeit vorgenommen wurden, sagt er und widerspricht damit Zweiflern, die den Platz mangels Wind für ungeeignet halten. Zwei der vier Windflügel sind nach seiner Auskunft schon auf dem Lagerplatz deponiert, was für Huber allemal einen Wochenendausflug wert ist. Ja wirklich, sagt er, "das ist eine gute Radltour, es gibt auch ein paar schöne Biergärten in der Nähe".

Die Stadtwerke gehören zu den 170 Kommandantisten der Anlage in den Wadlhauser Gräben, die bis zu drei Megawatt pro Windrad erzeugen soll - das entspricht insgesamt dem Bedarf von bis zu 6800 Haushalten. Dort gehen die Arbeiten weiter, nachdem die Generalversammlung der Anteilseigner vor einem Monat einen Baustopp ablehnte, den ein Bürgerentscheid in Berg gefordert hatte. "Was gilt in der Demokratie, ist die Mehrheit und nicht die, die lauter reden", sagt Huber. Außerdem würden die Vorgaben der Bundesimmissionsschutzgesetzes eingehalten, das nächste Anwesen liege mit 1,1 Kilometer Entfernung weit genug weg.

Neben Berg sind die Stadtwerke noch an drei weiteren Windkraft-Anlagen beteiligt - den Windparks Zieger bei Neumarkt in der Oberpfalz, Neutz (Sachsen-Anhalt) und Domnitz (Mecklenburg-Vorpommern). Eine fünfte Beteiligung wird geplant. Huber hat eine Anlage bei Bad Kissingen ins Auge gefasst, worüber er noch nichts Näheres sagen möchte, weil der Aufsichtsrat erst darüber entscheiden muss.

Außer den Tölzer Stadtwerken investiert auch die Gemeinde Gaißach in die Windräder in Berg. 750 000 Euro hat der Gemeinderat dafür genehmigt. Auf eigener Fläche seien Windkraftanlagen nicht möglich, sagt Bürgermeister Stefan Fadinger (CSU) und verweist auf den Regionalplan Oberland. Südlich der Bundesstraße 472 liegt demnach das Ausschlussgebiet "Alpenraum", zu dem Gaißach gehört. Die Gemeinde hat Photovoltaik auf dem Rathaus, der Schule und der Kinderkrippe. "Wir haben uns umgeschaut, was man noch machen könnte", sagt Fadinger.

Bei einem Treffen des Gemeindetags kam er mit Rupert Monn ins Gespräch. Der Bürgermeister von Berg erzählte ihm vom Windkraft-Projekt, Fadinger stellte es im Gemeinderat vor. "Wir kamen zu dem Schluss mitzumachen." Dies sei ein Beitrag zur Energiewende. "Wir müssen wegkommen von fossilen Brennstoffen und ein wenig autarker werden", sagt Fadinger. Die vier Rotoren in Berg sollen bis zu 20 000 Tonnen Kohlendioxid im Jahr einsparen. Auch Wasserkraft würde er auf Gaißacher Gebiet gerne nutzen, weshalb derzeit Messungen im Steinbach und der Gaißach stattfinden, ob genügend Wasser fließt. "Aber das wird leider sehr schwierig."

Ob die Windräder in Berg wirklich - wie in den Prospekten versprochen - gut fünf Prozent Rendite für die Anteilseigner abwerfen, zweifelt Fadinger nicht an. Er wisse, dass dies von den Windkraftgegnern bestritten werden, doch in seinen Unterlagen sei alles plausibel dargestellt. Für Stadtwerke-Chef Huber kann die Rendite leicht schwanken - je nachdem, wie lange die Windflügel rotieren oder wie viel Energie sie liefern. Er rechnet mit einem Abschlag von 15 Prozent. "Es ist auf jeden Fall eine gute Geschichte."

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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