Dietramszell/München:Einäugiger Motorradfahrer reißt Bäuerin zu Boden

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Rentner wird verurteilt, weil er Kühe überholte und dabei die Halterin durch den Weidezaundraht verletzt wurde

Ein einäugiger Motorradfahrer aus dem Landkreis ist vor dem Landgericht München II wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro verurteilt worden. Außerdem verhängte das Gericht gegen den Mann einen Monat Fahrverbot. Der 67-jährige Rentner darf trotz seiner eingeschränkten Sehfähigkeit sowohl Auto als auch Motorrad fahren.

Was sich der Kradfahrer allerdings Anfang August vergangenen Jahres geleistet habe, sei schlicht und ergreifend "rücksichtslos", befand der Vorsitzende der 9. Strafkammer, Richter Martin Hofmann, in der Verhandlung vor dem Landgericht. Auf der Ortsverbindungsstraße zwischen Lochen und Linden in der Gemeinde Dietramszell hatte der Rentner mit seinem Motorrrad eine Herde mit rund 25 Kühen überholt. Das sei nicht verboten, sagte der 67-Jährige. "Es wäre aber pfiffiger gewesen, zu warten", erwiderte Richter Hofmann. Denn infolge des Überholmanövers kam es zu einem schweren Unfall, bei dem eine Bäuerin erheblich verletzt wurde. Sie erlitt Schürfwunden am ganzen Körper sowie eine Verletzung an der Schulter. Daran leide sie bis heute, sagte die Frau bei ihrer Vernehmung vor Gericht.

Damit die Tiere von der Straße auf die Weide laufen konnten, hatte die Bäuerin mit einem Stück Drahtschnur aus dem Weidezaun die Straße abgesperrt. In diesem Moment soll sich auch schon der Rentner mit seinem Krad durch die dahintrottenden Kühe geschlängelt haben. Das habe die Tiere nervös gemacht, sagte die Bäuerin. Als der 67-Jährige kurz vor der Frau Halt machte, soll er sie mit den Worten "Geh weg, lass mich durch", angeblafft haben. Dann gab der Mann Gas, die Bäuerin riss es zu Boden. Der Grund: Ein Stück der Drahtschnur, das sie in ihrer Hand hielt und das bis zum Boden reichte, hatte sich offenbar im vorderen Rad des Krads verheddert. Auch der Rentner soll ins Schlingern geraten sein, behielt aber die Kontrolle über seine Maschine. Daraufhin soll der 67-Jährige erneut angehalten und der Frau zugerufen haben: "Was hast du für einen Scheiß gemacht." Dann gab er Gas und brauste davon, berichtete die Bäuerin. Da sie sich das Kennzeichen an dem Motorrad gemerkt hatte, konnte der Rentner ermittel werden. Bei seiner Vernehmung bestritt er, sich mit seiner Maschine durch die Kühe hindurchgeschlängelt zu haben. Außerdem sei ihm nicht bewusst gewesen, "dass jemand verletzt hätte sein können". Gut erinnern könne er sich hingegen an den "bösen Blick", den die Bäuerin ihm beim Vorbeifahren zugeworfen habe. In erster Instanz hatte das Amtsgericht Wolfratshausen den Rentner unter anderem wegen fahrlässiger Körperverletzung sowie unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu 40 Tagessätzen à 55 Euro verurteilt. Ob der 67-Jährige bemerkt habe, dass die Bäuerin umgerissen wurde, lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen, sagte Richter Hofmann bei der Urteilsbegründung in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht. Deshalb sprach er den Rentner in diesem Punkt frei. Gleichwohl habe dieser aber seine "Sorgfaltspflicht" verletzt, indem er zu nah an der Bäuerin vorbeigefahren sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 19.08.2016 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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