Ausstellung:Neckische Figuren

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Geschnitzte Karikatur: Michaela Gräpers Figur "Rien ne va plus" im Vordergrund. (Foto: Arlet Ulfers)

Bettina Hobel und Michaela Gräper zeigen ihre Werke

Von Katja Sebald, Seeshaupt

Röhrende Hirsche, Mickeymäuse und ein weinender Märchenkönig, glühende Alpengipfel und eine ganze Gebirgsschützenkompanie. Kühe, Blumen und überbordende Farbigkeit, vor allem aber eine recht frivole Truppe überbordender Damen in kessen Negligés - das alles gibt es derzeit in der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt zu sehen. Mit "Happy Yellow" haben die Holzbildhauerin Michaela Gräper und die Malerin Bettina Hobel ihre gemeinsame Ausstellung in den Foyers und den unterirdischen Galeriegängen der noblen Seniorenresidenz überschrieben.

Empfangen werden die Besucher zunächst von den kleinformatigen Schnitzfiguren von Michaela Gräper. Sie werden auf hohen Sockeln, sozusagen in Augenhöhe präsentiert und erlauben auch einen Blick auf ihre besonders reizvolle Rückenansicht. Die meisten von ihnen sind weiblich, sie tragen aufwendige Frisuren, Badehauben oder turmartige Hüte. Ihre ausladenden Körperformen werden mal mehr und mal weniger durch aufgeklebte oder aufgemalte Hemdchen und Kleidchen verhüllt.

Mit "Sach zamhalten" ist eine dieser barocken Damen in geblümter Unterwäsche betitelt, die ihre üppigen Brüste mit den Händen verdeckt. Eine andere trägt ein goldenes Tortenspitzenkleid und eine dritte verwegene rote Pumps und zarte Seidenstrümpfe. Die titelgebende Dame in Gelb, bekleidet mit nichts als einem Handtuch und einem kunstvollen Turban, hat sich lasziv auf einem Mäuerchen niedergelassen. Als dreidimensionale Karikaturen erscheinen diese stark überzeichneten und doch mit liebevollem Blick gesehenen Sinnbilder weiblicher Eitelkeiten und Lustbarkeiten - und natürlich sind auch ein paar Herren der Schöpfung dabei. Deutlich weniger gelungen hingegen ist das bühnenartige Panoptikum für König Ludwig II., der drei goldene Tränchen vergießen muss, und beinahe plump die Darstellung einer bayerischen "Lightkultur".

Die titelgebende Farbe Gelb findet sich auch in einigen Bildern von Bettina Hobel, ebenso allerdings auch alle anderen Farben. Bei den Wasser- oder Meerbildern dominieren Blau und Weiß, bei den an Blumen und Naturstimmungen orientierten Motiven findet sich auch viel Rosa und Rot, ihre Kühe sind ebenso leuchtend grün wie die sie umgebenden Wiesen, und bei den Bergbildern kommen noch matte Braun- und Grautöne dazu. Die Acrylfarbe wird großzügig und üppig auf die Leinwand aufgebracht, zum Teil wohl auch geschüttet und gespitzt, sodass sich dicke Schichten und vielfältige Überlagerungen von zumeist deckenden Farben ohne jegliche räumliche Tiefe ergeben. Während die Kuhmotive nun nachträglich durch schwarze Pinselzeichnungen als Umrisse in diese abstrakt-informellen Bildkompositionen aufgebracht werden, scheinen die Bergkulissen von Anfang an angelegt zu sein und werden zuletzt durch dunklere Partien vor einem matt-hellen Hintergrund akzentuiert. Auch Andeutungen von Blütenmotiven entstehen durch zum Teil großflächige Übermalungen, die zwar immer wieder Durchblicke auf darunterliegende Farberuptionen gestatten, aber trotzdem immer zweidimensional bleiben.

Die heiteren Skulpturen von Michaela Gräper und die farbenfrohen Bilder von Bettina Hobel haben in dieser Ausstellung nicht zum ersten Mal einen gemeinsamen Auftritt: Die beiden Künstlerinnen teilen sich in Garmisch den Präsentationsraum "Kunstwerk 11". Michaela Gräper stammt aus Oberammergau und absolvierte dort die Berufsfachschule für Schnitzer und Holzbildhauer, bevor sie an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Eduardo Paolozzi studierte. Bettina Hobel machte an der Fachhochschule Bielefeld eine Ausbildung zur Grafikerin und Illustratorin und lebt seit 1995 als freie Malerin in Garmisch.

Die Ausstellung "Happy Yellow" von Michaela Gräper und Bettina Hobel ist bis zum 12. November in der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt zu sehen

© SZ vom 04.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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