Asyl-Unterkunft:Eigentümer gegen Stadt gegen Landratsamt

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In der Jeschkenstraße neben der Firma Eisenblätter soll eine Einrichtung für 184 Asylbewerber entstehen. Der Bau sollte eigentlich so schnell wie möglich beginnen. (Foto: Hartmut Pöstges)

In Geretsried ist ein Streit um einen geplanten Bau entbrannt: Das Rathaus will ihn nicht unbefristet genehmigen. Der Grundstücksbesitzer klagt.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Die Stadt Geretsried hat einer Asylsuchenden-Unterkunft an der Jeschkenstraße 14 a einen Riegel vorgeschoben. Sie will damit eine dauerhafte Wohnnutzung inmitten eines Gewerbegebiets verhindern. Der Grundstücksbesitzer kündigt gegen diese Entscheidung eine Schadensersatzklage an.

Bürgermeister Michael Müller (CSU) betonte am Dienstag im Entwicklungs- und Planungsausschuss des Stadtrats, der Erlass einer Veränderungssperre für das 2900 Quadratmeter große Gelände im Eigentum der Vitalis Grundbesitz GmbH sei kein gegen Flüchtlinge gerichteter Schritt. Vielmehr handle es sich ausschließlich um eine baurechtliche Frage. Die Stadt leiste schon bisher viel zur Aufnahme von Flüchtlingen, und sie werde dies auch weiterhin tun. Sie wolle aber den Charakter des Gewerbegebiets erhalten.

Tatsächlich steht hinter der Entscheidung eine baurechtliche Auseinandersetzung mit dem Landratsamt. Dessen Baujurist vertritt ebenso wie Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) die Auffassung, die Stadt müsse ihr gemeindliches Einvernehmen zu einer Asyl-Unterkunft unbefristet erteilen. Die Stadt wollte sich nur auf fünf Jahre festlegen. Hintergrund ist der auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise in Kraft gesetzte Paragraf 246 im Bundesbaugesetz. Er ermöglicht, was zuvor ausgeschlossen war: Flüchtlingsunterkünfte in Gewerbegebieten. Mit der konkreten Auslegung in Zweifelsfällen werden sich nach Prognose des Landrats noch viele Gerichte zu befassen haben. Bisher aber könne sich keine Seite auf ein Urteil berufen.

Was die Jeschkenstraße angeht, so begann das "Hin und Her", wie Müller sich ausdrückte, im vergangenen September. Damals erteilte der Geretsrieder Bauausschuss das gemeindliche Einvernehmen zu einer Asyl-Unterkunft, befristet auf fünf Jahre. Im November kam aus dem Kreisbauamt die Anfrage nach unbefristeter Genehmigung, die Geretsried wiederum im Januar ablehnte. Daraufhin kündigte die Kreisbehörde an, das Einvernehmen zu "ersetzen", es also an Stelle der Stadt zu erteilen. Bürgermeister und Stadträte sind darüber empört. Müller sagte, dies sei "kein fairer Umgang mit der Stadt". Franz Wirtensohn (CSU) nannte es "ein starkes Stück, dass man uns zwingen möchte". Dominik Irmer (FW) fragte, ob man der Lokalpolitik "den letzten Rest an Planungshoheit" nehmen wolle.

Dagegen sagte der Landrat am Mittwoch: "Der Bauherr hat mit der jetzigen Gesetzeslage einen Anspruch auf unbefristete Genehmigung." Er, Niedermaier, verstehe zwar persönlich die Haltung des Geretsrieder Bürgermeisters, der auf die Leistungen seiner Stadt zur Linderung der Flüchtlingskrise verweist. Juristisch aber müsse die Kreisbehörde so handeln, wie es geschehen ist.

Auch die Stadt beruft sich auf eine juristische Interpretation. Sie hat Jürgen Busse zu Rate gezogen, einen Fachmann für Bau- und Kommunalrecht, der früher im Innenministerium und im Bayerischen Gemeindetag gearbeitet hat. Dennoch war sich der Stadtrat bei seinem Beschluss am Dienstag darüber im Klaren, dass es zu einem Rechtsstreit kommen könnte. Der Bürgermeister hatte ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht.

Diesen Streit kündigte am Tag nach dem Beschluss Grundstücksbesitzer Markus Daniel prompt an. Er sagte, ihm liege die Baugenehmigung aus dem Landratsamt vor. Wenn diese nun nicht gelten sollte, "dann kriegen die halt eine Schadenersatzklage". Er habe der Stadt erst vor Kurzem angeboten, an der Jeschkenstraße "was Gescheites zu machen", einen Festbau, der aktuell für Flüchtlinge und später als Handwerker-Hotel genutzt werden könnte. Dass er den Betrieb der Asyl-Unterkunft an die in und um München wegen überhöhter Mieten ins Gerede gekommene 2-Rent-Group vergeben wollte, sieht Daniel unkritisch. Die Frage, wie hoch die Miete an der Jeschkenstraße hätte liegen sollen, beantwortet er mit: "ortsüblich."

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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