Wohnungsbau:Alles wird neu

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Wohnen nahe am Schlosspark, schnell in der City oder im Fünfseenland - für Investoren ist Pasing ziemlich unwiderstehlich. An der Paul-Gerhardt-Allee, auf dem ehemaligen Stückgutgelände und am Marienplatz wird gebaut. Es bleiben ungelöste Verkehrsfragen

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Alt-Pasinger haben derzeit einen ziemlichen Spaß bei der Lektüre von Immobilienanzeigen, die sich an künftige Neu-Pasinger richten. "Joggen in königlichem Umfeld. Nicht spazieren gehen, sondern flanieren. Dann im Café Palmenhaus einen Fünf-Uhr-Tee - das ist der Nymphenburger Schlosspark" - so lockt zum Beispiel der Entwickler Pandion die Käufer seiner 146 Eigentumswohnungen, die derzeit "nur einen Steinwurf" von der Schlossanlage am Neubaugebiet an der Paul-Gerhardt-Allee entstehen. 2019 soll "Pandeon Penta" bezugsfertig sein, eine Wohnanlage in Fünfeck-Form mit einem privaten Innenhof in der Dimension des Münchner Marienhofs. Außer Pandeon sind in diesem "Neu-Pasing", das direkt an die Bahnstrecke München-Ingolstadt und nicht unmittelbar an die Schlossmauer grenzt, etliche weitere Investoren mit deutlich unterschiedlichen Projekten am Start.

"Nur einen Steinwurf" vom Nymphenburger Schlosspark entfernt ist laut Investor das Quartier "Neupasing". (Foto: Florian Peljak)

Insgesamt sollen 2400 bis 2700 Wohnungen entstehen für 5500 bis 6200 Einwohner. Dies sind die Zahlen, die das Planungsreferat veröffentlicht hat. Auch Gewerbeflächen für etwa 800 Arbeitsplätze wird Neupasing bekommen. Und den Menschen im Quartier soll eine komplette Infrastruktur zur Verfügung stehen mit einer neuen Schule, Kindertagesstätten, einem Bürgerzentrum, Einkaufsmöglichkeiten, Sport- und Freizeitanlagen, einem Landschaftspark. Pasing wächst also enorm, dort an seinem östlichen Rand, aber auch zentrumsnah neben den Arcaden und quasi im Herzen der Vorstadt, am Marienplatz.

Der Magnet am Marienplatz

Die Beamten der Pasinger Polizeiinspektion führen derzeit alles andere als ein ruhiges Dasein. Ehe sie selbst Ende 2018 aus dem ehemaligen Institut der Englischen Fräulein in ihren Neubau ans Westkreuz umziehen werden, bekommen sie durch die alten Fenster noch einmal eine volle Breitseite Baulärm ab und blicken auf eine tiefe Grube: Auf dem ehemals städtischen Grundstück direkt westlich des Pasinger Marienplatzes erfolgt gerade der Aushub für die Tiefgarage eines neuen Geschäftsgebäudes. 151 Stellplätze werden im zweiten, dritten und vierten Untergeschoss des Neubaus eingerichtet. Sie sollen über eine zweispurige Rampe von der Institutstraße aus erschlossen werden, teilt der Investor mit, die Münchner Bucher Properties GmbH. Das Geschäftshaus, so hatten es sich Pasings Lokalpolitiker immer gewünscht, soll einmal als sogenannter Magnet einen Gegenpol zu den Pasing Arcaden bilden. Der Entwurf des Baus stammt vom Architekturbüro Auer Weber. Vom ersten Untergeschoss bis ins erste Obergeschoss werden laut Bucher Properties rund 5600 Quadratmeter Einzelhandelsflächen entstehen. Zudem soll eine 600 Quadratmeter große Gastronomiefläche mit Außenbereich den Platz beleben. In den weiteren Obergeschossen ist ein Hotel mit circa 110 Zimmern sowie 16 Apartments geplant. Allerdings wird es sich bei den Betreibern nicht um die Geschwister Sabrina Gambino-Kreindl und Alessandro Gambino handeln, die dort ein Lifestyle-Hotel mit dem Namen "Piazza Maria" planten. Nach Differenzen mit dem Eigentümer habe man sich entschieden, "sich vom Projektstandort Pasing zu distanzieren". Zum Entwurf von Auer Weber gehört auch ein begrünter Innenhof, über den man Richtung Pasinger Stadtpark und zur Würm gelangen kann. Laut Investor sei man "bereits handelseinig mit namhaften Mietern". Die Fertigstellung ist für März 2020 geplant.

Leben auf dem Stückgutareal

Erdbewegungen, Kräne, Baustellenverkehr: Auch auf dem 6,15 Hektar großen ehemaligen Stückgutgelände östlich des Pasinger Bahnhofs entsteht ein neues Stadtquartier zum Wohnen und Arbeiten. Von der S-Bahn oder der Pasinger Nordumgehung aus kann man den etwa 350 Meter langen, geschlossenen Gebäuderiegel beim Wachsen zusehen. Hier baut die Städtische Wohnungsgesellschaft GWG, der die nördliche Teilfläche des Areals gehört, in vier Abschnitten 339 Ein- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, zwei Kindertagesstätten, ein Nachbarschaftstreff und Büroräume für die Betreuung von Mietern in schwierigen Lebenssituationen. Der größte Teil der Wohnungen wird nach bestimmten, einkommensabhängigen Richtlinien an die Mieter vergeben, ein anderer Teil der Wohnungen ist als frei finanziert geplant, zudem wird es 39 Wohnungen für akut von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen geben. Der erste Bauabschnitt soll laut GWG-Sprecher Michael Schmitt im Oktober 2018 bezogen werden, der vierte voraussichtlich im Dezember 2019.

Auf dem ehemaligen Stückgutgelände neben den Pasing Arcaden entstehen knapp 500 Wohnungen. (Foto: Florian Peljak)

Eine begrünet Promenade mit Fuß- und Radwegeverbindung wird das nördliche Quartier vom südlichen trennen. Dort, auf dem sogenannten Baugrund MI 2 Süd, plant die M-Concept Real Estate, vertreten durch die Projektgesellschaft 2 Offenbachstraße GmbH & Co. KG, circa 150 Wohnungen und 7600 Quadratmeter Gewerbefläche. Baustart ist laut Projektleiter Athar Syed voraussichtlich im dritten Quartal 2018, die Fertigstellung dieses Quartiers ist für Ende 2020 vorgesehen.

Auch am Pasinger Marienplatz wird derzeit gebaut, ein Geschäftskomplex soll Magnetwirkung entwickeln. (Foto: Florian Peljak)

Pasing wächst, und damit auch der Verkehr. Die Alt-Pasinger sehen die neuen Baugebiete nicht ohne Sorgen. Seit Jahren und immer dringlicher erreicht die Politiker auf Stadtteil-, Stadt- und Landesebene die Forderung aus den Bürgerversammlungen, für die 5000 und mehr neuen Pasinger im Quartier an der Paul-Gerhardt-Allee einen eigenen S-Bahn-Anschluss möglich zu machen. Immerhin wurde inzwischen eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Und weil am Pasinger Bahnhof auch ohne die vielen Neubürger die Zustände schon chaotisch genug sind, hat die SPD-Stadtratsfraktion kurz vor Weihnachten den Bau einer unterirdischen Fahrradgarage gefordert.

© SZ vom 28.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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