Im Feuilleton hatten wir mal einen Kollegen, der stammte aus dem ostfriesischen Aurich und war an und für sich sehr nett. Nur wirkte er oft nicht so richtig entspannt. Er war nicht so der Typ, der sich gern gehen ließ. Um das zu ändern, nahmen wir ihn mit auf die Wiesn. Er wirkte anfangs durchaus wissbegierig, war auch anstandslos dazu bereit, eine Maß Bier zu erwerben. Dann aber setzte die Musik ein, und es war ihm sichtlich anzumerken, wie unangenehm ihm der Aufenthalt inmitten grölender, schwitzender, trinkender Menschen war, die "Oans, zwoa, gsuffa!" brüllten. Daran änderte auch die zweite Maß nichts: Während alle anderen längst auf den Bänken standen und die Krüge schwenkten, saß er immer noch als Einziger unten. Dann aber kam "Living next door to Alice", der alte, sentimentale Schmachtfetzen von Smokie, mit der neuen, alles relativierenden Zeile "Alice? Who the fuck is Alice?" Sein Gesicht erstrahlte vor Wiedererkennungsfreude, und schon stand auch er auf der Bank und schunkelte mit. Als er wieder nüchtern war, beschloss er dann aber doch, lieber zur Konkurrenz nach Frankfurt zu gehen. Franz Kotteder