Viertel-Stunde:Gestern, heute und morgen

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Zukunft: Die frühere Eggenfabrik wird zur Trendsporthalle. (Foto: Jutta Czeguhn)

Wer wissen will, wie alles war, bevor das Morgen kam, sollte sich nach Pasing begeben, denn hinter den Bauzäunen am Neubaugebiet Paul-Gerhardt-Allee sind noch die Relikte der Vergangenheit zu bewundern

Von Jutta Czeguhn

Neubaugebiete sind reizvolle Orte für Spaziergänge, vor allem, wenn das Gewesene noch nicht ganz verschwunden ist und das Kommende quasi im Geburtskanal steckt. Das künftige Wohnquartier an der Pasinger Paul-Gerhardt-Allee ist so ein merkwürdiges Zwischenreich, in dem das Gestern, Heute und Morgen auf 35 Hektar Fläche ineinander verschlungen zu sein scheint. Es geht also auf der Hildachstraße Richtung Osten. Ein Bauzaun versperrt den Weg zur Insel zwischen den Gleisen. Unbefugte sollen daran gehindert werden, in der alten Eggenfabrik herumzustromern. Die denkmalgeschützte Halle mit der Schweifgiebelfassade wird zum "Indoor-Skatepark" umgebaut. Aber kein Durchkommen, man muss umkehren, um ins eigentliche Baugebiet zu gelangen.

Die Bagger haben den ehemaligen Gewerbepark ziemlich leer geräumt, so wie auf einem Spielbrett die Figuren wegfegt werden für die nächste Partie. Umso interessanter ist, was an Fragmenten stehen blieb: die griechische Taverne an der Bachbauernstraße oder das "Centrum für Baustoffe und Materialprüfung" der TU München. Und "Reifen-Mann" an der Paul-Gerhardt-Allee ist auch nicht unter die Räder gekommen. An der Berduxstraße 5 behauptet sich noch der Puff, den Margit Geissler betrieben hat; die ehemalige Schauspielerin starb im Februar 2016 mit nur 57 Jahren an Krebs. Heckenrosen sprießen wild durch einen Zaun. Richtung Daglfing verschwunden sind die riesigen Hallen der Eisbach-Studios, in denen viel gefilmt wurde und wo einst sogar die Rolling Stones probten. Nun hoffen alle im Viertel, dass just an der Stelle, ehe die 6000 neuen Nachbaren einziehen, ein S-Bahn-Halt gebaut wird. Bereits da ist die "Halle 2" an der Peter-Anders-Straße, das Gebrauchtwarenkaufhaus der Stadt. Im neuen Quartier wird es die Menschen daran erinnern, dass auch das Alte seinen Wert hat. "Mit Weitblick Wohnen" lockt ein Verkaufscontainer. Die Aussicht ist tatsächlich (noch) ungetrübt, über die planierten Baufelder hinweg sieht man die Wipfel der Nymphenburger Schlosspark-Bäume, über denen sogar der Olympia-Turm hervorspitzt. Doch von Süden wächst schon eine hohe Lärmschutzwand heran ...

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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