Vertreibung gescheitert:Betreutes Brüten

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Die monatelange Beschallung mit Falkenrufen hat die nervenstarken Tauben am Pasinger Bahnhof nicht vertrieben. Nun könnte ein Taubenhaus die Lösung des Problems bringen. Die Bahn aber nennt bisherige Erfahrungen mit dem Vogelhotel "enttäuschend"

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Huch, Kopf einziehen. Zwei Tauben segeln durch den niedrigen Fußgängertunnel des Pasinger Bahnhofs. Der dichte Strom der Pendler scheint sie überhaupt nicht zu stören, wer ihre Flugbahn kreuzt, duckt sich automatisch. Eben haben die Vögel noch vor der Bäckerei am Nordausgang ein paar Brösel aufgepickt. Stadttaube und Mensch - am Pasinger Bahnhof pflegen beide Spezies traditionell ein eher angespanntes Verhältnis, wenn es darum geht, den Lebensraum zu teilen. Gebäudeeigentümer und Gastronomen am Bahnhof klagen über Kot und Federn, Fahrgäste regen sich auf über verschmutzte Bahnsteige und jene Tierfreunde, die unverdrossen Körner streuen. Abwehrmethoden wie die Lautsprecher-Beschallung der Tauben mit Falken-Gekreische haben über viele Monate so ziemlich alle genervt, nur nicht die sesshaften Pasinger Tauben. Jetzt soll ein Taubenhaus am Bahnhof die Lösung aller Probleme bringen. Natürliche Geburtenkontrolle durch Gipseier-Attrappen.

Die Idee mit dem Tauben-Hotel stammt von den Sozialdemokraten und Freien Wählern im örtlichen Bezirksausschuss. Sie erfinden das Rad damit nicht neu, sondern verweisen auf einen Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2008. Mit einem umfassenden Konzept aus Öffentlichkeitsarbeit über Beratung bis hin zur flächendeckenden Einrichtung von Taubenhäusern versucht die Landeshauptstadt seither, zur "Aussöhnung" zwischen den Konfliktparteien Mensch und Taube beizutragen, heißt es da beim zuständigen Referat für Gesundheit und Umwelt. Aktuell, so Sprecher Alois Maderspacher, gebe es seines Wissens 14 Taubenhäuser auf Stadtgebiet, unter anderem am Münchner Hauptbahnhof. Diese Schläge würden überwiegend von privat betreut. Das bedeutet, die Tauben müssen gefüttert werden, jemand muss den brütenden Tieren die Fake-Eier unterschieben und den Unterschlupf regelmäßig reinigen. Maderspacher bestätigt, dass sein Referat mit dem Bahnhofsmanagement München in Gesprächen sei, was einen möglichen Standort für ein Taubenhaus am wuseligen Pasinger Bahnhof angeht. Dort einen geeigneten Platz zu finden, schätzt er, sei keine leichte Aufgabe, schließlich müsste es sich um einen Rückzugsort für die Tiere handeln.

Das Taubenhaus am Münchner Hauptbahnhof. (Foto: Stephan Rumpf)

Vom Bahnhofsmanagement München heißt es indes, dass man dem Gesprächswunsch der Stadt "selbstverständlich" nachkommen werde. Allerdings lässt der dortige Sprecher, der nicht mit Namen genannt werden will, eine gewisse Skepsis so einem Projekt gegenüber durchblicken. Die bisherige Erfahrung mit dem Taubenhaus am Münchner Hauptbahnhof sei enttäuschend gewesen, erklärt er. "Leider haben die Tauben trotz Anfütterung in dem Taubenhaus nahezu gar nicht gebrütet. Das eigentliche Ziel, die Taubeneier gegen künstliche Eier auszutauschen und so die Taubenvermehrung zu unterbinden, wurde deshalb nicht erreicht", berichtet er.

Die Abwehrmethode mit den Falkenschreien vom Band am Pasinger Bahnhof hält er hingegen nicht für vollends gescheitert, offensichtlich aber auch nicht für der Weisheit letzten Schluss. Es habe dazu zwar keine wissenschaftliche Auswertung gegeben, Beobachtungen der Mitarbeiter und Taubenzählungen hätten ergeben, dass sich zu Beginn des Projekts einige Tauben vertreiben ließen, dann aber sei ein Gewöhnungseffekt eingetreten und die Vögel seien nicht mehr weggeflogen.

Aus den Nestern der Vogelpaare können abgelegte Eier entfernt und durch Attrappen ersetzt werden. Regelmäßige Reinigung verbessert die hygienische Situation und verringert die Zahl gefährlicher Krankheitserreger. (Foto: Stephan Rumpf)

Dann berichtet er noch, dass die Bahn an dem leidigen Thema aber weiter dran sei: Derzeit beobachte man ein Pilotprojekt mit speziellen Lebendfallen an einem anderen deutschen Bahnhof. "Sollte dieser Versuch erfolgreich sein, könnte er auch im Raum München zum Einsatz kommen", lässt der Bahnsprecher wissen. Näheres dazu könne er aber erst mitteilen, wenn der Versuch erfolgreich sei.

All das lässt durchscheinen, dass die Chancen auf ein Taubenhaus am Pasinger Bahnhof nicht die allerbesten sind - sofern die Deutsche Bahn an dem Projekt beteiligt ist. Womöglich aber findet sich in der Nachbarschaft ein Grundstückseigentümer, der sein Dach zur Verfügung stellen würde. Und große, lang gestreckte Dachlandschaften gibt es dort ja jede Menge.

© SZ vom 24.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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