Vorbild USA:Bekommt München eine Rundum-Grünschaltung für Fußgänger?

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Bei der Rad-Demonstration "Ride of Silence" gedenken die Teilnehmer der im Straßenverkehr getöteten Radfahrer. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Der Stadtrat hat sich mit einem neuen Verkehrssicherheitskonzept die sogenannte die "Vision Zero" als Marke gesetzt. Ziel ist, dass es keine Verkehrstoten mehr auf den Straßen der Landeshauptstadt geben soll.
  • Unter anderem sollen eine Grün-Schaltung der Ampeln wie in den USA getestet werden, dass alle Fahrzeuge stehen, während alle Fußgänger in alle Richtungen gehen können.
  • Das Kreisverwaltungsreferat soll nun innerhalb eines Jahres ein Maßnahmenprogramm ausarbeiten.

Von Andreas Schubert

In den USA gibt es Fußgängerquerungen, die "Scramble Crosswalk" genannt werden. Der Name kommt daher, dass bei Grün alle Fußgänger gleichzeitig in alle Richtungen - auch diagonal - über die Kreuzung drängeln, während der komplette Autoverkehr bei Rot warten muss. Das funktioniert sogar im Auto-verliebten Los Angeles. Bald könnte diese Rundum-Grünschaltung für Radler und Passanten auch nach München kommen, zumindest probehalber. Denn sie ist Teil eines gemeinsamen Antragspakets von CSU und SPD, das mehr Verkehrssicherheit bringen soll und dem sich inhaltlich auch die Grünen mit einem eigenen Antrag anschließen.

Das Paket kommt nicht aus heiterem Himmel. Denn Radler und Fußgänger leben auf Münchens Straßen gefährlich. Erst vergangene Woche starb ein neunjähriges Mädchen, nachdem es an einer Kreuzung von einem nach rechts abbiegenden Lastwagen überfahren worden war. Solche Abbiegeunfälle passieren immer wieder - häufig mit tödlichem Ausgang.

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Der Stadtrat sieht nun dringenden Handlungsbedarf. Im April hatte sich das Gremium mit dem Verkehrssicherheitskonzept die sogenannte "Vision Zero" als Ziel gesetzt, nach der es überhaupt keine Verkehrstoten mehr geben soll. Das Kreisverwaltungsreferat soll innerhalb eines Jahres ein entsprechendes Maßnahmenprogramm ausarbeiten. Die vier Anträge von CSU und SPD tragen nun die Überschriften Vision Zero I bis IV.

Der Punkt "Vision Zero I" fordert die Entschärfung von Gefahrenpunkten. Diese liegen besonders an Kreuzungen, da sich dort die Wege verschiedener Verkehrsteilnehmer überschneiden. Die Parteien fordern nun, Kreuzungen und Straßen baulich sicherer für Radler und Fußgänger zu gestalten sowie auch Ampelschaltungen und Straßenmarkierungen entsprechend anzupassen. An unfallträchtigen Kreuzungen könnten Schilder die Auto- und Lkw-Fahrer an den Schulterblick erinnern.

Der Punkt "Vision Zero II" fordert eben jenes "Rundum-Grün" das nicht nur in den USA, sondern zum Beispiel auch in vielen Kommunen der Niederlande praktiziert wird. Wenn gleichzeitig alle Autofahrer warten müssen, kommt es zu keiner Vorfahrts- oder Abbiegekonkurrenz. Als dritter Punkt fordern die Antragsteller, dass sich die Stadt für höhere Bußgelder einsetzt für Autofahrer, die bei stehendem Verkehr in Kreuzungen einfahren und dadurch andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Punkt vier fordert verpflichtende Abbiege-Assistenzsysteme, auch dafür soll sich die Landeshauptstadt beim Bund einsetzen.

"Wo wir als Stadt keine Entscheidungshoheit haben, müssen wir über den Deutschen Städtetag unseren Einfluss geltend machen, um nachhaltige Verbesserungen für unsere Verkehrsteilnehmer zu erreichen", sagt CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl. "Die deutlich Erhöhung des Bußgeldrahmens beim Einfahren in Kreuzungen ohne freie Fahrt würde sicherlich Wirkung zeigen, wenn es an den Geldbeutel der Autofahrer geht." Gerhard Mayer (SPD) erklärt: "Mit den heutigen Anträgen fordern wir schnelles Handeln ein." Und Grünen-Fraktionschef Florian Roth meint: "Abbiegeunfälle müssen nicht sein - die Mittel, sie zu verhindern, sind vorhanden." Was die Kreuzung an der Schleißheimer Straße betrifft, wo das Mädchen ums Leben kam, so fordern auch ÖDP, Linke, Bayernpartei und Freie Wähler in einem Antrag einen sofortigen Umbau der Gefahrenstelle.

© SZ vom 17.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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