Verkehrspolitik:"Man muss sich nicht wundern, wenn die Leute sich über die Radlhauptstadt lustig machen"

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Für eine Modenschau aufs Cruiserrad: Hep Monatzeder. (Foto: Catherina Hess)

Als ehemaliger "Radlbürgermeister" übt der Grünen-Politiker Hep Monatzeder Kritik am schwarz-roten Bündnis im Rathaus: "Es fehlen die mutigen Entscheidungen."

Interview von Andreas Schubert

Hep Monatzeder ist seit 1990 für die Grünen im Münchner Stadtrat. Von 1996 bis 2014 war er Dritter Bürgermeister, nun kandidiert er für die Landtagswahl. Wegen seines Einsatzes für den Radverkehr galt er auch als "Radlbürgermeister". Als solcher war er einer der geistigen Urheber der Idee, München zur Radlhauptstadt auszurufen. Ende des Jahres soll die Kampagne eingestellt werden.

SZ: Herr Monatzeder, vor acht Jahren startete die Kampagne Radlhauptstadt. Wie kam es damals zu dem Namen?

Hep Monatzeder: Die Idee für eine Radlkampagne ist 2007 auf der Velo-City-Konferenz in München entstanden. Nach dem Grundsatzbeschluss zum Radverkehr 2009 war klar, dass wir für die Kampagne einen fetzigen Namen brauchen.

Und der stammte von Ihnen?

Ich weiß nicht mehr, ob der von mir kam, oder von jemand anderem.

Fahrradverkehr
:München will nicht länger "Radlhauptstadt" sein

Zum Jahresende läuft die gleichnamige Imagekampagne der Stadt aus - auch, weil ihr inzwischen zu viel Häme anhängt.

Von Andreas Schubert

Viele Radlaktivisten kritisieren, dass die Kampagne mehr oder weniger verpufft ist, also in München noch immer nicht genug für den Radverkehr getan wird.

Das trifft auf das aktuelle schwarz-rote Bündnis im Rathaus auf jeden Fall zu. Schwarz-Rot hat noch nicht begriffen, dass die Lebensqualität einer Stadt entscheidend von der praktizierten Mobilitätspolitik abhängt. Deshalb ist das Funktionieren und Überleben moderner Städte ohne ein ausreichendes Angebot an Mobilitätsalternativen und -infrastruktur nicht mehr vorstellbar und dabei spielt das Fahrrad eine enorm wichtige Rolle. Es fehlen mutige Entscheidungen, um den Radverkehr wirklich weiter zu stärken. Da muss man sich auch nicht wundern, wenn die Leute sich über die Radlhauptstadt lustig machen.

Die CSU führt im Gegenzug an, dass unter Rot-Grün auch nicht viel passiert sei.

Es war auch zu dieser Zeit schon schwierig, sich als Grüne bei Verkehrsthemen gegen die SPD durchzusetzen. Aber es hat sich trotzdem vieles getan. Von der Freigabe von Einbahnstraßen, Radfahr- und Schutzstreifen, der Einrichtung von Radabstellanlagen, vielen Verbesserungen der Fahrradinfrastruktur bis zu verbesserten Radverkehrsführungen an Kreuzungen. Ein großes Projekt waren zum Beispiel die Radspuren auf der Kapuzinerstraße. Da gab es vorher große Auseinandersetzungen, weil es eine viel befahrene Straße ist und man den Konflikt mit dem Busverkehr fürchtete. Ich wollte zeigen, dass es gerade auch hier geht, nicht nur in unbedeutenden Nebenstraßen. Die Kapuzinerstraße ist für mich ein Vorbild für andere Straßen wie die Lindwurm- oder Rosenheimer Straße, wo solche Radspuren auch gebraucht würden.

Auf der Rosenheimer Straße hat die Stadt sich nicht mehr getraut, als Tempo 30 einzuführen. Ein fauler Kompromiss?

Das ist ein total fauler Kompromiss. Dabei haben wir sehr schön gezeigt, wie es aussehen könnte, wenn man eine Spur wegnimmt. Aber man will eben den Autoverkehr nicht zu sehr einschränken. Dabei ist Verkehrspolitik immer auch Klima- und Umweltschutzpolitik. Deshalb habe ich auch am Mittwoch im Stadtrat die aktuelle Radverkehrspolitik als mutlos bezeichnet.

Auf dem Weg, Radlhauptstadt zu werden, ist München nicht wirklich, oder?

So auf jeden Fall nicht.

Apropos lustig machen: Hat es Sie damals geschmerzt, dass über den Clown, der ja eigentlich Werbung fürs Radeln machen sollte, so viel gelästert wurde?

Am Anfang schon. Aber dann habe ich gesehen, dass das Radfahren plötzlich überall ein Thema war. Im Nachhinein hat es überhaupt nicht geschadet, im Gegenteil: Das war unbezahlte Werbung.

Bedauern Sie es, dass die Kampagne nun einen anderen Namen bekommen soll?

Nein, weil es die konsequente Förderung des Null-Emission-Fahrzeugs Rad unter Rot-Schwarz nicht mehr gibt und damit entfällt auch der Anspruch, jemals Radlhauptstadt zu werden.

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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