Verkehr:Immer am Zug

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Ohne Fremdsprachen geht oft gar nichts: Manuel Pepperkok muss flexibel sein, wenn er den Reisenden - wie zum Beispiel den beiden Touristinnen aus Spanien - Auskunft geben soll. (Foto: Robert Haas)

Wieso hat mein ICE Verspätung? Wann ist die nächste Verbindung? Wenn die Reisenden am Hauptbahnhof nicht mehr weiter wissen, kommen sie zur DB-Information - und Manuel Pepperkok versucht, ihnen zu helfen

Von andreas Hensler, München

Es wuselt, es ist laut, und Manuel Pepperkok sitzt mittendrin. Der Arbeitsplatz des 28-Jährigen liegt inmitten des Münchner Hauptbahnhofs. Der Kaufmann für Verkehrs-Service bei der Deutschen Bahn arbeitet dort, wo die Fragen der Kunden auf ihn einprasseln - bei der DB-Information in der Haupthalle.

Fahrgäste schwirren um den verglasten Kubus, in dem Pepperkok mit anderen Kollegen Dienst tut. 400 000 Fahrgäste sind hier täglich unterwegs. Ein Teil davon rennt, um im letzten Augenblick noch den wartenden Zug zu erwischen. Andere wiederum stehen etwas verloren, den suchenden Blick nach oben gerichtet, vor den zwei Anzeigetafeln. Wenn sie dann dort sehen, dass ihr Zug zwar angezeigt wird, aber auch eine satte Verspätung eingefahren hat, führt sie der Weg schnurstracks zu Manuel Pepperkok.

Die einen sind verärgert, weil diese Verspätung ihre ganze Reise durcheinander bringt. Für sie ist der Weg zur DB-Information die direkte Verbindung zum Frustabbau. Andere wiederum finden sich mit den Anzeigen nicht zurecht und erhoffen sich Hilfe am DB-Schalter. Für diese besondere Klientel und auch für alle anderen Fragen steht Pepperkok bereit - und das schon seit dem Jahre 2010. Der gebürtige Thüringer, der früher in Köln eingesetzt war und dessen Stimme man immer wieder bei den Durchsagen im Hauptbahnhof hört, spricht fließend Deutsch, Englisch - und inzwischen sogar Bayerisch. Egal, welcher Kunde vor ihm steht, er findet die richtigen Worte.

Ein zwölfjähriges Mädchen ist als nächstes an der Reihe, gerade so groß, dass es über den Tresen schauen kann. Sehr selbstsicher zeigt es auf ihrem Smartphone eine Adresse und bittet um die richtige Verbindung zu diesem Ort. Jetzt beginnt die Sternstunde des 28-Jährigen. Seine Finger huschen in einer Geschwindigkeit über die Tastatur, die es beinahe unmöglich macht, ihnen zu folgen. So agiert er bei jedem Fahrgast, der eine Verbindung benötigt, ob das Fahrtziel nun Moosach, Memmingen oder Mutterstadt ist - wohin die Zwölfjährige mit ihrer Mutter möchte.

Wer so schnell ist, bedient sich natürlich gewisser Tricks. Sucht er beispielsweise nach der Verbindung von München Hbf nach Augsburg-Hochbrück, muss er nicht die langen Bahnhofsnamen ausschreiben. Er tippt einfach 261 und 661. Das sind die Nummern, welche die Bahn den beiden Bahnhöfen zugewiesen hat. Das gleiche funktioniert mit fast allen Kfz-Kennzeichen: "Egal ob Kennzeichen oder Bahnhofsnummern, das geht auch auf der Bahn-Webseite. Das kann jeder einmal ausprobieren", sagt Pepperkok. Wer in seiner Kindheit auf langen Autofahrten oder in Staus die Autos studiert und die amtlichen Kennzeichen von Städten und Landkreisen erlernt hat, ist hier als Mitarbeiter der Deutschen Bahn klar im Vorteil.

Pepperkok schätzt, dass er im Schnitt 45 Personen pro Stunde eine Auskunft erteilt. Die Fragen der Kunden sind dabei vielfältig. "Wo ist die afghanische Botschaft", fragt zum Beispiel eine junge Frau. Und eine Seniorengruppe will wissen, wie man von hier mit der U-Bahn zum Goetheplatz gelangt. Dann gibt es Kunden, die ihren Zug verpasst haben und nun wissen wollen, wann der nächste fährt. Das ist soeben einem Teenager passiert. Obwohl er 45 Minuten Aufenthalt hatte, hat er es verbummelt, rechtzeitig am Bahnsteig zu sein. Vereinzelt, aber regelmäßig gibt es auch jene Fahrgäste, die schon mit einer aggressiven Grundeinstellung ihren Kopf zwischen den beiden Glasscheiben hindurchstrecken. Aber auch bei diesen unfreundlichen Kunden versucht der 28-Jährige, sachlich zu bleiben und die Gemüter zu beruhigen. Meistens gelingt ihm das. "Ich lasse so etwas nicht nah an mich heran, aber dennoch würde ich mir wünschen, dass bestimmte Leute freundlicher wären. Ich rufe auch nicht bei einer Hotline an und brülle nur."

Neben der Beratung von Kunden an der DB-Information kümmert er sich mit seinen Kollegen auch um behinderte Fahrgäste, die Hilfe benötigen. So steht er ständig mit den Kollegen am Bahnsteig mit einem Handfunk-Gerät in Kontakt, um den reibungslosen Reiseablauf eines Rollstuhlfahrers zu ermöglichen. In den allermeisten Fällen kann der Service-Mitarbeiter der Bahn auf Anhieb helfen. Ab und zu wird es auch für ihn schwierig. Einmal bat ihn eine Frau aus Belgien um Hilfe. Ihr war die Tasche mit der Urne ihres Mannes abhanden gekommen. Darauf wusste selbst Manuel Pepperkok nicht sofort die richtige Antwort.

© SZ vom 23.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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