Untermenzing:Spagat des Unmöglichen

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Projekt "Wohnen für alle" ärgert Anwohner der Pflüglstraße

Familie Winkler wohnt in einer Einfamilien- und Doppelhaus-Siedlung. Die Pflüglstraße ist eine ruhige Sackgasse, der Garten hinter dem Haus grenzt direkt an ein freies Feld. Das wird sich nun ändern: Auf dem Acker sollen im Rahmen des vor wenigen Wochen vom Stadtrat verabschiedeten Wohnungsbauprogramms "Wohnen für alle" fünf Gebäude für je sieben Familien entstehen. Am 7. April fand das Ehepaar ein entsprechendes Info-Schreiben der städtischen Wohnungsgesellschaft GWG im Briefkasten. "Wir waren wie vor den Kopf gestoßen", sagt Renate Winkler. "Keiner hat uns zuvor etwas gesagt, und als wir der GWG mitteilten, dass wir nicht zustimmen, hieß es, das müssten wir auch nicht." Was die Familie stört, ist vor allem der geringe Abstand der neuen Bauten zum Altbestand: "Drei Meter sollen das werden - wir haben bereits Widerspruch eingelegt."

Dass die Winklers keinen Einzelfall darstellen, bestätigt die Vorsitzende des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing, Heike Kainz. "Bei mir sind schon verschiedene Anfragen aufgelaufen." Das Stadtteilgremium sei bislang noch nicht involviert, werde aber, sobald nähere Details bekannt sind, "zeitnah" agieren", verspricht die CSU-Stadträtin. "Was wir unternehmen werden, kann ich noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber bei so weitreichenden Projekten machen wir gerne zusätzliche Infoveranstaltungen."

Agieren tut also not: Noch in diesem Jahr will die Stadt 1000 geförderte Wohnungen errichten, 3000 sollen es bis 2019 sein. Es ist zweifelsohne ein Spagat, doch Politik und Verwaltung bleibt wenig Spielraum. In München gibt es inzwischen fast 5500 Wohnungslose, darunter knapp 1500 Kinder. Und jeden Monat kommen weitere 50 bis 80 hinzu. Gegenüber 2008 ist das mehr als eine Verdoppelung. Dabei stehen auf der Warteliste für geförderte Wohnungen bereits 12 500 Haushalte. Flüchtlinge, die nach der Anerkennung die Gemeinschaftsunterkunft verlassen und sich um einen Mietvertrag bemühen müssen, sind in dieser Kalkulation noch gar nicht eingerechnet. Das Amt für Wohnen und Migration schätzt, dass dadurch noch einmal durchschnittlich 180 Menschen im Monat auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum sind. Deshalb, sagt Stadträtin Kainz, müsse nun alles "schnell, schnell und ratzfatz" gehen: Gebäude wie die, die an der Theodor-Kitt-Straße hinter dem Haus der Winklers entstehen sollen, sind zügig und vergleichsweise preiswert zu realisieren, mit verminderten Standards in Modulbauten aus Holz, Beton oder Ziegeln. Barrierefrei sind die Wohnungen nur eingeschränkt, Keller gibt es in den Häusern nicht.

© SZ vom 07.05.2016 / eda - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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