Untergiesing:Dein Platz, dein Bier

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In Untergiesing streiten die Parteien um ein Alkoholverbot für den Hans-Mielich-Platz

Von Jürgen wolfram, Untergiesing

Der Hans-Mielich-Platz ist für alle da. Klingt nach einer lapidaren Feststellung, nach reiner Selbstverständlichkeit. Im Stadtbezirk Untergiesing-Harlaching aber, wo Politik stets wie eine bierernste Angelegenheit verhandelt wird, interpretieren die Parteien eine Aussage wie die obige völlig unterschiedlich. Aus Sicht der stellvertretenden Bezirksausschuss-Vorsitzenden Melly Kiewig (Grüne) zeichnet sich ein Freiluft-Treff im Zentrum des Viertels dadurch aus, dass Flaneure nicht von angetrunkenen Pennern gestört werden und irgendwann fernbleiben. Kiewig hat deshalb im Sommer mit Unterstützung der CSU den Einsatz von Streetworkern, mehr Polizeipräsenz und ein Alkoholverbot für den Hans-Mielich-Platz gefordert.

Für die SPD, die bei Vorschlägen von Schwarz und Grün ohnehin leicht ins Schäumen gerät, wären solche Maßnahmen ein Unding. Ein Platz für alle, das meint für die Sozialdemokraten des Stadtbezirks 18 eben auch: beim "geselligen Beisammensein" mal eine Flasche Bier zu trinken. "Ein pauschales Alkoholverbot und den Einsatz von mehr Polizei zu beschließen, halten wir für übertrieben", konstatiert Michael Sporrer, SPD-Fraktionssprecher im Bezirksausschuss. Dass mal ein Streetworker "vermittelnd" vorbeischaut, wäre aber okay.

Bei dieser knappen Kommentierung wollte es die SPD nicht belassen. Vielmehr schmiedete sie ein Bündnis gegen alle Bestrebungen, "bestimmte Personengruppen vom Hans-Mielich-Platz zu verdrängen". In Untergiesing sollte sich jeder zu Hause fühlen, "egal, aus welcher Gesellschaftsschicht er kommt". Auf den Plätzen müsse sich eine "bunte Mischung wiederfinden können und dürfen". Mit im Boot, in dem gegen Ausgrenzung angerudert werden soll, sind die FDP, der Verein der Freunde des Sechzgerstadions, die Aktionsgruppe Untergiesing sowie die Bürgervereinigung Maibaum-Untergiesing.

Einen Slogan, der besonders zum Maibaum prima passt, hat die Liga gegen die "Vertreibungspolitik" bereits ersonnen: "Ein Platz für alle! Dein Viertel-Dein Platz-Dein Bier!" Das sei, so Michael Sporrer, die fällige Antwort eines Teils der Giesinger Bürgerschaft an die "schwarz-grüne Koalition" im Bezirksausschuss, "ein Zeichen für die Liberalitas Bavariae". Leben und leben lassen - dies dürfe nicht nur ein Lippenbekenntnis sein.

Gut möglich, dass die SPD am Ende mit ihren Bündnispartnern auf einen Erfolg anstoßen kann. Denn in München hat sich noch nie ein Alkoholverbot auf öffentlichen Flächen durchsetzen lassen, selbst nicht auf dem Gärtnerplatz und ebenso wenig auf den von Trinkern zeitweise gut frequentierten Anlagen in Haidhausen. Die einschlägigen Gesetze und Verordnungen gäben es einfach nicht her, heißt es im Kreisverwaltungsreferat.

Voraussetzung für ein Verdikt nämlich wäre, dass auf dem betreffenden Platz "auf Grund übermäßigen Alkoholkonsums regelmäßig Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten begangen werden". Für Exzesse ist der Hans-Mielich-Platz jedoch nicht bekannt. Schlagzeilen macht er höchstens, weil über Nacht die Farbe der Sitzbänke wechselt, oder weil sich engagierte Untergiesinger um seine wohnliche Gestaltung kümmern. Ob sie dabei Bierflaschen in der Hand halten, darauf müsste man vielleicht mal achten.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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