Universität:Bangen um die Iranistik

Lesezeit: 2 min

130 Studenten der LMU fordern eigene Professur für das Fach

Von Jakob Wetzel

Christoph Neumann kann über manches klagen, über eines aber nicht: über passive Studenten, die sich nicht für ihr Fach interessieren würden. Der Turkologe leitet das Institut für den Nahen und Mittleren Osten der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Dort erheben Studierende in einer Petition eine Forderung gegenüber der Hochschulleitung, mit der sie Neumann ein Stück weit aus der Seele sprechen dürften: Sie wollen eine zusätzliche Professur.

Konkret geht es um das Fach Iranistik, das derzeit nur von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen, einer festangestellten Lektorin und Lehrbeauftragten betreut wird. Eine Professur gab es hier einmal, sie wurde aber gestrichen - und die Studierenden fürchten nun noch Schlimmeres. Die Hochschulleitung wolle den Studienbereich mittelfristig mehr oder weniger abschaffen, sagen sie. Die Uni bestätigt das nicht; dennoch haben etwa 130 Studierende ihre Unterschrift unter die Petition gesetzt. Es gehe um die Zukunft des Fachs, heißt es von ihnen. Die Iranistik brauche dringend wieder einen Kopf.

Das Institut für den Nahen und Mittleren Osten gebe es in dieser Form kein zweites Mal in Deutschland, sagt Michaela Reißfelder-Zessin, die Initiatorin der Petition. Nur hier seien Islamwissenschaften und Arabistik, Judaistik, Turkologie und eben Iranistik unter einem Dach vereint. Viele Studierende kämen gerade wegen dieser vier Welten nach München. Speziell die Iranistik verzeichne zudem steigendes Interesse: 2017 hätten erstmals mehr Bachelor-Studenten ihren Schwerpunkt auf Iranische statt auf Türkische Studien gelegt, bestätigt Institutsleiter Neumann. Dass diese Säule wegbreche, sei für die Studenten "nicht tragbar", sagt Reißfelder-Zessin.

Tatsächlich steckt die Iranistik der LMU seit Jahren in der Krise. 2007 gründete die Universität aus zwei Vorgängerinstituten ein neues Institut für den Nahen und Mittleren Osten; dabei entstand auch eine Iranistik-Professur, die sich aber nie etablierte, sie wurde nie ordentlich besetzt. Fünf Jahre später kam dann die Fakultät für Kulturwissenschaft in die Verlegenheit, eine Professur einsparen zu müssen; und obwohl das Institut, Studenten und selbst persischstämmige Münchner protestierten, entschied sie sich für die Iranistik.

"Ohne Iran geht das Ganze nicht", sagt Institutsleiter Neumann noch heute. Deswegen, und damit alle ihr Studium beenden konnten, behalf sich das Institut mit Mitarbeitern, deren Stellen freilich zum Teil befristet sind, zum Teil müssen die Arbeitsverträge immer wieder verlängert werden. Perspektiven wie bei einer Professur gibt es nicht - doch die Universitätsleitung sieht keinen drängenden Handlungsbedarf: Die Streichung der Professur gehe auf eine Strukturentscheidung der Fakultät zurück, und solche Entscheidungen würden stets langfristig getroffen, sagt eine Sprecherin. "Pläne, diese Professur wieder einzurichten, gibt es derzeit nicht."

Und doch hofft Neumann, dass sich etwas ändern könnte. Grundsätzlich sei die Iranistik in der Uni als Fach gewollt. Zudem plane man gerade ein größeres Forschungsverbundprojekt, sagt er, vielleicht ergäben sich damit ja neue Möglichkeiten. Er persönlich freue sich auch über das Engagement der Studenten - erst recht, nachdem die Initiative zu der Petition ausschließlich von ihnen komme, es habe dazu keinen Impuls des Instituts gegeben. "Das zeigt, dass das Fach von ihnen wirklich gewollt ist."

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: